Scheideweg

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Bewertet mit 3,75 Sternen:

First of all: "Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe" verdient eine Nominierung in der Kategorie "Bester Buchtitel des Jahres". Finde ich grandios. Was das Buch betrifft, fällt meine Bewertung nicht ganz so überschwänglich, aber abschließend doch positiv aus.

Doris Knecht erzählt von einer Protagonistin in der Mitte ihres Lebens. In ihren Fünfzigern angekommen, steht sie am Scheideweg, als ihre Kinder nach dem Schulabschluss selbstständiger werden und schließlich das mütterliche Nest verlassen. Dieses ist für eine alleinstehende Person nicht mehr ausgelegt und so bleibt es nicht aus, dass auch unsere Protagonistin sich verändern muss. Sie ist gezwungen einen Blick in die Zukunft zu werfen? Was soll jetzt noch kommen? Was will ich eigentlich? Damit einhergehend drängt sich unweigerlich auch eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit auf.

Die Autorin nimmt ihr Publikum mit auf eine intime Reise in das Leben und die Gedankenwelt ihrer namenlosen Protagonistin. Die Mittel, die dafür gewählt werden, sind kreativ und unterhaltsam. Ich mag den authentischen Tonfall des Textes. Er zwingt die Lesenden unweigerlich auch zu einer persönlichen Auseinandersetzung - sei es im Bezug auf eigene Eltern oder auf eigene Kinder. Obwohl das Buch bemüht ist, mich nah an sich ranzuholen, bleibt mir die Protagonistin oftmals doch fremd. Sie wird vielschichtig portraitiert, ist mir jedoch nicht immer sympathisch, in ihren Handlungen und Betrachtungen doch auch manchmal widersprüchlich. Sie macht innerhalb der Geschichte eine merkliche Entwicklung durch, mir hat es gefalle mitzuerleben, wie eine Mensch sich durch eine fraglie Lebenssituation wie ihre manövriert. Der Text hat mich zum Nachdenken angeregt, nicht immer ist es mir leicht gefallen ihn zur Hand zu nehmen. Das Buch hat einen gewissen Weltschmerz in mir hervorgerufen. Gerne habe ich es dennoch gelesen.