Wie wahr sind Erinnerungen?

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leseratte1310 Avatar

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Die Erzählerin in diesem Roman ist nicht mehr ganz jung. Ihre Zwillinge Mila und Max haben gerade die Matura bestanden und damit nähert sich der Zeitpunkt, da sie die elterliche Wohnung verlassen werden. Damit aber stehen auch für die Erzählerin selbst Veränderungen an, denn sie wird die Miete für die Wohnung nicht mehr tragen können. Doch eine kleinere Wohnung bedeutet auch, dass sie sich von vielen Dingen trennen muss. Aber sie mag keine Veränderungen und doch ihr bleibt keine Wahl – und so können wir sie bei ihren Erinnerungen und Entscheidungsprozessen begleiten.
Erinnerungen sind immer subjektiv. Der Erzählerin, die keinen Namen hat, ist dies bewusst. Sie versucht sicher Wahrheit zu nähern und ahnt doch, dass sie diese Wahrheit über sich nicht finden wird. Dabei kreisen ihre Gedanken oft um Nebensächlichkeiten, während wir über sie und ihre Familie nicht besonders viel erfahren. Außerdem springen ihre Gedanken zwischen den Zeiten hin und her.
Oft hatte die Erzählerin einen jammernden Ton. Sicherlich war ihre Kindheit in dieser Familienkonstellation nicht leicht, aber ich hatte den Eindruck, als hätte sie auch nie um Beachtung gekämpft. Sie hat ihre Familie sehr früh verlassen, um Freiheit zu erlangen. Auch wenn nicht alles ganz gerade verlaufen ist, so hat sie doch ein geregeltes gutes Leben. Sie braucht Nähe, ist aber auch sehr gerne mit sich allein. Vielleicht ist das der Grund, dass sie ihren Kindern gegenüber doch recht kühl ist, wie ich finde. Wirklich warm geworden bin ich mit dieser Frau nicht.
Was mir allerdings gut gefallen hat, ist der wunderbare und humorvolle Schreibstil der Autorin Doris Knecht, der sich gut und leicht liest.