Mit James Berrie zum Tee

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Louisa Young beginnt ihren Roman mit dem Prolog zu einer Juninacht des Jahres 1917. Der erste Weltkrieg dauert bereits drei Jahre und in der lauen Sommernacht passiert in Frankreich fürchterliches. Doch nicht die Geschehnisse direkt auf dem Schlachtfeld sind es, die die Autorin beschreibt. Sondern kurze Momentaufnahmen einiger Figuren des Romanes und was sie in diesem Augenblick erleben, fühlen, beobachten. Ein wirkungsvoller Einstieg, besonders durch die bildhafte Sprache. Zum Beispiel die sechzehnjährige Prostituierte die ihren Freier bei der Vereinigung verliert, weil das Blut in dem benötigten Körperteil durch die Ahnung der Detonation in andere Bereichen versickert.

Das erste Kapitel beginnt zehn Jahre zuvor an einem Weihnachtstag im Jahr 1907. Von einem Schneeball getroffen, bricht Riley Purefoy im Round Pound im Londoner Kensington Garden im Eis ein. Der Verursacher und seine Cousine Nadine Waveney nehmen in mit nach Hause, in das vornehme Haus ihrer Eltern. Riley wird dort von dem berühmten Maler Sir Alfred entdeckt und portraitiert. Dieser nimmt ihn später auch als Ziehsohn in seinen Haushalt auf und so wächst der Sohn eines Londoner Feuerwehrmannes in großbürgerlichen Verhältnissen auf, lernt vornehm zu sprechen und befreundet sich mit seiner "Retterin" Nadine.

Lousia Young schreibt sehr atmosphärisch. Die erste Begegnung des kleinen Riley mit der vornehmen Welt des Londoner Kulturadels kann man als Leser direkt mitbestaunen. Die Einrichtung der Villa, der "leicht bemühte Hang zum unkonventionellen" der Mutter Jacqueline Waveney. Riley spürt instinktiv das er hier auf etwas "besseres" gestoßen ist. Das was ihm sein Vater immer prophezeit hat. Und er begreift, dass ihm dieses bessere Leben gefällt. Er vergleicht es mit seinem Besuch im kurz zuvor eröffneten neuen Selfridges, dem Palast der Wunder.

Wundervoll ist auch wie die Autorin das London der frühen Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts lebendig werden lässt.  Nadine und Riley bewundern während eines Spazierganges eine Statue von Peter Pan die gerade im Hyde Park aufgestellt wurde. Und als sie nach Hause kommen sitzt James Barrie bei Nadines Mutter zum Tee. Das liest sich so selbstverständlich, als wäre man dabei gewesen.