Die Kraft der Liebe

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
theresia626 Avatar

Von

Es sind oftmals die kleinen Dinge, die das Leben zweier Menschen verändern. Bei Nadine Waveney, Tochter aus gutem Haus und Riley Purefoy, Sohn eines Feuerwehrmannes, war es ein Schneeball. Der sollte eigentlich den Vetter von Nadine treffen, doch Riley war von der Wucht des Treffers so erschrocken, daß er ins kalte Wasser fiel. Jacqueline Waveney nimmt Riley mit zu sich nach Hause. „Rileys Blick glitt über den berühmten Vater, die freundliche Familie, das knuddelige Hausmädchen, die Bilder an den Wänden, den Flügel, die Bücherregale und das Mädchen.“ S. 13 Sir Alfred, Nadines Onkel und ein bekannter Maler, findet Gefallen an Riley und möchte ihn gern malen. Riley nutzt die Chance seines Lebens, macht sich nützlich und geht Sir Alfred mit Besorgungen zur Hand. Nach einigen Monaten bietet Sir Alfred ihm an, bei ihm zu wohnen und ermöglicht ihm später eine gute Schulbildung auf einem Gymnasium. „Rileys Jugendjahre waren lang und nährend und golden; gesegnet…“ S. 25 Da auch Nadine die nächsten Jahre Zeichenunterricht bei Sir Alfred erhält, entwickelt sich zwischen beiden eine tiefe Freundschaft, später eine zarte Liebe. Nach einem unglücklichen Zusammentreffen mit Terence, einem Zeichenschüler von Sir Alfred und weil Mrs Waveney Nadine verbietet, weiterhin zu Sir Alfred zu gehen, weil sie einen „hochwertigen jungen Mann“ für sie im Sinn hat, meldet sich Riley bei der Rekrutierungsstelle und zieht 1914 in den Krieg. Nadine und Riley bleiben jedoch weiterhin brieflich in Verbindung. Von Flandern aus wird Riley unter Leitung seines Captains Locke in die Nähe der Somme versetzt. Hier erlebt Riley die schlimmste Zeit seines noch jungen Lebens. Nach seiner schweren Verletzung wird Riley in ein Hospital nach Sidcup verlegt. Dort wird er von dem begnadeten Chirurgen Dr. Gillies behandelt. Aufgrund seiner schweren Gesichtsverletzung und weil er Nadine, die inzwischen als Hilfskrankenschwester im Militärkrankenhaus in Chelsea arbeitet, nicht zur Last fallen will, löst er unter einem Vorwand die Verbindung. Nadine hat nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt und läßt sich nach Frankreich versetzen.

Die junge Liebe zwischen Nadine und Riley steht hier jedoch nicht im Vordergrund, es geht auch um die Liebe zwischen Peter Locke und seiner Frau Julia. Diese lebt mit Peters Cousine Rose, die als Krankenschwester in Sidcup arbeitet, auf Locke Hill, allerdings in einer anderen Welt. Fernab vom Kriegsgeschehen und den grausamen Erlebnissen ihres Ehemannes, besteht ihre einzige Sorge darin, wie sie sich pflegen kann, um noch schöner auszusehen. Peter hingegen kann die Gräueltaten an der Front nicht verkraften und verfällt zusehends dem Alkohol. Schön sind für ihn nur die Erinnerungen an den Frieden. Nach Hause zieht ihn auch nach dem Waffenstillstand 1918 nichts, bis er unerwartet Hilfe bekommt.

Louisa Young hat mit „Eins wollt ich Dir noch sagen“ einen sehr bewegenden, erschütternden, gut recherchierten Roman geschrieben. Wer er eine herzzerreißende Liebesgeschichte erwartet, wird enttäuscht, dafür bekommt er aber hervorragende Literatur. Die Schilderung der Kriegsschauplätze und die Arbeit der Krankenschwestern in den Lazaretten an der Front ist sehr detailliert und ergreifend beschrieben. Stellenweise war ich sprachlos und schockiert. Ein intensiver Roman über den 1. Weltkrieg, wie ich ihn in vergleichbarer Art noch nicht gelesen habe.  Ein lesenswertes, sehr zu empfehlendes Buch.