Was ich dir noch sagen wollte...

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jule1 Avatar

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und was in bestimmten Momenten des Lebens nicht gesagt wird.

Ich habe schon lange keinen Roman mehr gelesen, der so tiefgründig, so psychologisch dicht und nachvollziehbar geschrieben ist, wie der von Louisa Young. Es kommt mir fast kläglich vor, was ich als Leserin in Worte fassen kann, wenn man die Sprachgewalt dieser Autorin vor Augen hat.

Nicht nur, dass der Roman dem Leser den Wahnsinn eines Krieges eindrücklich vor Augen führt, sondern er behandelt jede einzelne Hauptfigur in allen menschlichen Facetten und lässt damit auch auf über 400 Seiten an keiner Stelle nach.

Und er zeigt noch einmal deutlich, dass ein Krieg nicht vorbei ist, wenn er vorbei ist. Für diejenigen, die im Geschehen aktiv beteiligt waren, wird er nie aufhören. Sie werden ein lebenlang an ihren inneren und äußeren Verletzungen leiden.

Riley und Nadine lernen sich als Kinder kennen und lieben, trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft. Sie bleiben sich treu, auch wenn ihre Eltern die Beziehung hintertreiben wollen. Wunderschön beschrieben ist, wie sich ihre Liebe entfaltet, wie sie sich füreinander aufheben und wie erhebend und mitreißend ihre erste Liebesnacht ist. Sie erleben zunächst völlig unterschiedliche Dinge, bleiben sich aber dennoch nah, so nah, dass Riley, als er mit halb weggeschossenen Gesicht in England im Krankenhaus liegt, nicht von Nadine besucht werden will und ihr ein Märchen einer anderen Liebe in Frankreich auftischt. Er opfert sich für sie, möchte nicht, dass sie aus Mitleid bei ihm bleibt und ist dabei gerade mal 22 Jahre alt. Aber er täuscht sich in Nadine und in ihren wahren Gefühlen für ihn und so ist es nur folgerichtig, dass die Beiden am Ende des Romans zusammenfinden und ihre Liebe leben werden.

Peter Locke, der Vorgesetzte von Riley, ist mit Julia verheiratet. Julia, die nur schön ist und im Roman eine Entwicklung durch macht, um festzustellen, dass Schönheit nicht alles ist, dass man sein Leben nutzbringender leben kann. Peter, der durch seine Kriegserfahrungen verständlicherweise alkoholabhängig wird, bei dem man aber dennoch das Gefühl hat, dass er, zwar mit inneren Kämpfen, aber dennoch wieder in sein "altes" Leben zurückfindet, auch wenn er seine seelischen Narben behält, aber er wird lernen, damit leben zu können.

Rose, die Kusine von Peter, die mit Julia in deren Haus lebt, die immer als alte und nicht besonders hübsche Jungfer beschrieben und behandelt wird, lernt, dass sie viel zu geben hat, wird selbstbewusster und kann auch ihr Leben gestärkter meistern.

Und dann gibt es noch die vielen intensiven Freundschaften, die Männer aufbauen,wenn sie zusammen im Schützengraben liegen und ihre Ängste teilen. Und obwohl diese Menschlichkeit so besonders ist, so verlässt den Leser nicht eine Sekunde der Wunsche, dass es nie wieder einen Krieg geben möge und dass es unverzeihlich ist, dass es überhaupt welche gegeben hat und über all auf der Welt noch gibt.

Ich finde, es ist ein ganz fantastisches Buch, sowohl für Männer als für Frauen und ich werde es vielen, vielen Freunden weiter empfehlen.