Kleinstadt-Gomorra

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linus63 Avatar

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In einer Kleinstadt in Montana nahe der kanadischen Grenze wird eine Frau vor dem Haus ihrer Tochter ermordet. Seit sie elf Jahre zuvor unter mysteriösen Umständen verschwunden war, hatte sie niemand mehr gesehen. Die hochschwangere Polizistin Macy Greeley, die bereits damals ermittelte, wird zum Tatort geschickt, um zu untersuchen, ob die heutigen Ereignisse in Zusammenhang mit dem damaligen Verbrechen stehen, das nie aufgeklärt wurde ...

Der erste Band um die Ermittlerin Macy Greeley ist leicht zu lesen und beginnt spannend. Karin Salvalaggio schafft eine anschauliche Atmosphäre in der eisigen und rauen Umgebung Montanas, die zu den mysteriösen Ereignissen gut passt. Ebenso eindrucksvoll gelingt es ihr, die Kleinstadtatmosphäre zu beschreiben, in der jeder jeden kennt, jeder über alles Bescheid weiß, und jeder fast überall seine Finger im Spiel hat. Es tauchen eine Menge Personen auf, die zunächst gar nichts mit der Handlung zu tun haben, und deren Bedeutung erst im Laufe der Geschichte klar wird. Der Täter ist lange unbekannt, und das Verbrechen recht komplex, was man erst zum Ende hin in vollem Ausmaß erkennt.

Vorweg genommen - ich bin mit diesem Buch nicht warm geworden. Nach einem fesselnden und spannenden Einstieg verliert sich die Geschichte in vielen kleinen, manchmal dramatischen Ereignissen, die in erster Linie die ganzen Kleinstadtverwicklungen inklusive diverser Affären beschreiben. Dabei treten die Ermittlungen in den Hintergrund und die Spannung bleibt auf der Strecke. Ich fand dies auf Dauer verworren und ermüdend und habe irgendwann ein wenig den Überblick verloren. Daneben hat mich die Vielfalt der menschlichen Abgründe auf diesem kleinen Fleckchen Erde etwas abgeschreckt - häusliche Gewalt, Drogendealer, Vergewaltiger, Pädophile … die Ehebrecher waren vergleichsweise harmlos. Bei alldem hatte ich durchgehend eine Distanz zu Personen und Ereignissen, und auch Macy blieb mir trotz vorhandener Sympathien fremd.

Das Buch ist insgesamt nicht schlecht. Es ist gut durchdacht und beschreibt ein komplexes Verbrechen, das schlüssig zu Ende geführt wird. Die Protagonisten sind sehr individuelle Charaktere, zu denen ich mir weitere Informationen und etwas mehr Tiefgang gewünscht hätte. Zu einem Thriller fehlt es mir definitiv an Spannung. Die Atmosphäre wird szenenweise sehr gut eingefangen, geht aber während der ganzen Verwicklungen häufig unter. Als Fazit kommt mir spontan der Begriff „Kleinstadt-Gomorra“ in den Sinn - und dass ich einen weiteren Band um Macy Greeley wahrscheinlich nicht lesen werde. Aber Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden ...