Intensiv und ehrlich

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noiram Avatar

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Der Roman von Martin Beyer scheint Katjas Leben zu beleuchten, eine Frau, die gerade versucht, den modernen Zwang zur Selbstfürsorge zu erfüllen, aber stattdessen nur eine seltsam gedämpfte Welt wahrnimmt. Die Beschreibung, wie sie im Park läuft, aber sich eine unsichtbare Wand zwischen sie und das Frühlingserwachen legt, hat mir wirklich gut gefallen und war sehr nachvollziehbar.
​Man merkt schnell, dass ein großes, unbenanntes Problem über ihr und ihrer Tochter Paula schwebt. Die kurzen, oft angespannten Dialoge zwischen den beiden, besonders die Schwierigkeit, ein echtes Gespräch zu führen, zeigen diese Belastung deutlich. Als Paula dann ihren alten Stofftierfuchs einpacken will, wird klar, dass es um etwas Ernstes geht, etwas, das mit einer Rückkehr ins Krankenhaus verbunden ist. Die Szene, in der Katja vor dem Fenster steht und die Angst vor der Zukunft sie überrollt, ist sehr berührend – die ehrliche, innere "Scheiße. Scheiße. Scheiße."-Wut ist authentisch.
​Am Montag erfahren wir, dass es um Paulas Krebsrückfall geht, ein Osteosarkom. Die Gespräche in der Klinik sind hart und realistisch, vor allem, dass die Operation verschoben werden muss. Die Autorin (oder der Autor) schafft es, die Verzweiflung, das Warten und das Schweigen in dieser Schicksalsgemeinschaft gut zu vermitteln. Katjas Versuch, Halt zu finden – in der Freundin Ellen, im Rotwein, in Büchern – ist tragisch und nachvollziehbar zugleich. Das Gefühl, dass Paula "fehlen" wird, ist ein Schlusspunkt, der schwer im Magen liegt.
​Es ist ein intensiver und sehr ehrlicher Blick auf eine verzweifelte Mutter-Tochter-Beziehung im Angesicht einer schweren Krankheit. Der Stil ist flüssig, die Gefühle tief. Ich möchte wissen, wie es weitergeht.