wie kann eine Primzahl gerade werden?

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Im Leben von Katja und Paula ist 11 eine gerade Zahl. Ja, es gibt (Ausnahme-)Situationen im Leben, in denen bisher erlerntes Wissen auf einmal vollkommen egal wird, so kann dann auch die Primzahl 11 zu einer geraden Zahl werden.
Im Krankenhaus laufen die Uhren anders und Katja will stärker werden. Sie will aus der 11 eine gerade Zahl machen, auch wenn das nicht möglich ist. Sie will ihre Tochter von der Krebserkrankung heilen, auch wenn es gerade nicht danach aussieht. Selbst der Doktor sagt: „ich wünschte, es wäre nicht so, aber wir können aus der 11 keine gerade Zahl machen.“
Ein unglaublich gelungener Titel und ein schlichtes, sehr schönes Buchcover, haben mich direkt überzeugt. Auch in Verbindung mit der Geschichte, in der neben dem Titel der Fuchs eine bedeutende Rolle spielt, ist es rund um stimmig. „11 ist eine gerade Zahl“ von Martin Beyer stellt eine Mutter-Tochter-Beziehung in den Mittelpunkt, die neben der schwierigen Phase der Pubertät auch noch durch eine rezidivierende Krebserkrankung der Tochter, Paula an ihre Grenzen gebracht wird. Ihre Mutter, Katja will stark sein und ihre Tochter am liebsten von all dem Leid befreien. Aus diesem Wunsch heraus, erzählt sie ihr eine Geschichte über ein Mädchen und einen Fuchs.
Martin Beyer lässt uns im Zeitraum von 12 Tagen auf 2 Ebenen, der Realität im Krankenhaus und der Fantasiewelt in Katjas Geschichte, eine solche Ausnahmesituation miterleben. Dabei verbindet sich die Erzählung von Katja durch einige Analogien zu den Geschehnissen in der jetzt Zeit. Leider lässt mich dieser erzählerischer Kunstgriff zwiegespalten zurück: ich mochte die dahinter steckende Idee, dass die Kraft einer erzählten Geschichte durch schwere Zeiten hilft. Dennoch hat diese zweite Erzählebene für mich stellenweise zu viel Raum eingenommen und die eigentliche Geschichte schon fast überlagert. Ihre Inhalte waren mir zu wirklichkeitsfremd und dadurch wenig greifbar. Für mich hätte die Hauptgeschichte mit der Mutter-Tochter-Beziehung und der Emotionalität dieser Ausnahmesituation diesen Raum gebraucht.
Insgesamt hat mich die hohe literarische Qualität mit dem poetischen Klang der Sprache des Autor sehr bewegt und mit Paula und Katja mitfühlen lassen. Ich habe mir einige Stellen markiert und bin der Meinung, dass der Austausch zu diesem Buch mit anderen Lesern sehr spannend wäre. Abschließend würde ich das Buch mit meiner genannten Einschränkung trotzdem empfehlen.