Empathische Auseinandersetzung mit einem universalen Thema

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alasca Avatar

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Ute Manks zweiter Roman spricht ein Thema an, das uns alle früher oder später, mehr oder weniger beschäftigen wird: Was tun, wenn die Eltern alt werden? Den Balanceakt zwischen Verantwortung und Bevormundung, der dann entstehen kann, beschreibt ihr Roman.

Mank behandelt das Thema anhand einer traditionellen Familie. Die Mutter war für´s Haus zuständig – und das auch bei anderen Leuten, denn sie hat für die Familie ein Zubrot durch Putzen für die „besseren Leute“ verdient. Der Vater arbeitete auf dem Bau – und das auch privat, denn er hat quasi mit eigenen Händen das „Elternhaus“ gebaut. Ein schmales, bescheidenes Häuschen, das nun durch seine gute Lage beträchtlichen Wert bekommen hat. Der aber ist den Eltern egal – für sie ist es schlicht zu Hause am schönsten. Aber dann entstehen bei den Eltern Situationen, die ihre allmählich steigende Alltagsüberforderung zeigen.

Auch für Sanne, die älteste Tochter, ist der Geldwert des Hauses nachrangig – sie will nur das Beste für alle Beteiligten, und sie möchte sich von der Fürsorgepflicht für ihre Eltern, die hauptsächlich ihr, der Macherin der Familie, zugefallen ist, ein wenig entlasten. Ihre einsame Entscheidung, die Eltern in eine altersgerechte Wohnung zu verpflanzen und das Elternhaus zu verkaufen, verändert das bisher so stabile Familiengefüge.

Wie Mank die vielfachen Erschütterungen beschreibt, die diese Entscheidung auslöst, die Familienrollen, die plötzlich nicht mehr passen, die Lebenskonzepte, die ins Wanken geraten, und die Neuverortungen, die bei allen drei Töchtern und in deren Beziehungen nach und nach stattfinden, das gefiel mir sehr gut.

Mank verarbeitet das in einer absichtsvoll einfachen Sprache, mit kurzen Sätzen, die manchmal eigentlich ein Nebensatz sind. Das passt zu dieser einfachen Familie aus dem Arbeitermilieu. Ich mochte auch ihre Figuren, die ihr sehr glaubwürdig gelungen sind – die praktische Sanne, die den Lebensweg der Eltern wiederholt, die Zweitälteste Petra, die als einzige den Bildungsaufstieg geschafft hat und in einer fernen Großstadt lebt und die unbekümmerte Jüngste Gitti. Es gelingt Mank, Verständnis für alle Beteiligten zu erzeugen, ohne zu polarisieren oder in Schwarzweiß-Malerei zu verfallen. Sowohl die Verlorenheit der Eltern in der neuen Wohnung wie auch Sannes Konflikte konnte ich nachfühlen. Mit Petra in ihrer Unschlüssigkeit habe ich manchmal die Geduld verloren, so eindeutig schien mir die Richtung zu sein, die sie einschlagen sollte.

Am Ende jedenfalls steht niemand dort, wo er am Anfang gestanden hat; alle haben ihre Position korrigiert – teils freiwillig, teils gezwungenermaßen. Das emotionale Thema der Fürsorge-Umkehr bebildert Mank empathisch und überzeugend. Manchmal waren mir die Lebensbetrachtungen ihrer Figuren vielleicht eine Spur zu banal. Aber dennoch finde ich Manks Roman unbedingt lesenswert für alle, die sich mit diesem universalen menschlichen Thema auseinandersetzen möchten.