Loslassen, was einmal Heimat war

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la calavera catrina Avatar

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Drei Schwestern, ihr Elternhaus, verschiedene Lebensmodelle und Konflikte, die nicht ausgesprochen, übermächtig zu werden scheinen.

Sanne ist die Älteste und kümmert sich um die Eltern, weil sie ganz in der Nähe wohnt. Sie ergreift die Initiative und bewegt die Eltern zum Auszug, übernimmt die Verantwortung für das (schmale) Haus, womit sie bald überfordert ist. Mit zwei beinahe erwachsenen Kindern blickt sie auf die vergangenen Jahre zurück und erinnert sich auch an ihre eigene Kindheit, als Gefühle noch unbeachtet blieben und es Dresche gab, wenn sie nicht gehorchte. Die Eltern waren müde von der Arbeit, konnten nicht jedem Anspruch gerecht werden. Petra ist ganz anders als ihre Schwestern. Sie fühlt sich nicht zugehörig oder heimatlich verbunden, weil sie so weit weg wohnt, weil sie oft umzieht, oder weil sie keine Kinder hat. Mit diesem Gefühl der Mangelhaftigkeit kommt es nur beim nötigsten Kontakt und die Kommunikation bleibt auf der Strecke. Doch Petra ist glücklich mit Jürgen, von dem ihre Eltern nicht einmal wissen.

Ute Mank schreibt klar, nostalgisch und einfühlsam. Sie gibt ihren Protagonistinnen genügend Raum für Gedanken, Eindrücke und Gefühle. Es sind kluge Gedanken, die man auch in der eigenen Realität findet, die nicht nur unterhalten, sondern auch nachdenklich machen. Beim Lesen findet man schnell den Rhythmus zwischen den unterschiedlichen Perspektiven von Sanne und Petra, bei denen der Kontrast spürbare Anspannung hinterlässt. Es geht um Entfremdung unter Geschwistern, dem Älterwerden der eigenen Eltern, Sprachlosigkeit und das Loslassen von dem, was einmal Heimat war. Vor allem das Ende hat mich herausgefordert, weil mir diese versöhnliche Note so wichtig war. Ein empfehlenswerter Roman mit Seife und leisen Tönen.