Gänsehaut-Feeling blieb aus...

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lilly_molamola Avatar

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Normalerweise reichen ein altes Herrenhaus mit dunkler Vergangenheit und mysteriöse Charaktere aus, um einem die Gänsehaut auf die Arme zu treiben und den Thriller zu einem Pageturner zu machen – nicht so in diesem Fall. Der Autorin will es nicht recht gelingen, Spannung aufzubauen bzw. ihre Leser zu fesseln. Auf der einen Seite ist da der unnahbare Tobias Hansen, seines Zeichens Barpianist aus gutem hanseatischen Hause, auf der anderen Seite Yvette Winkler, die sich gesellschaftlich von unten nach oben gearbeitet hat und mit ihrer Familie wieder nach Hamburg ziehen möchte. Gemeinsam ist ihnen ihre dunkle Vergangenheit in der Villa, die im Zentrum der Handlung steht. Doch die Spannung lässt leider auf sich warten. Stellenweise ist der Roman so langatmig, dass man richtiggehend darauf wartet, dass endlich etwas passiert. Die Autorin macht immer wieder nur Andeutungen, dass nicht nur Tobias, sondern auch Yvette etwas zu verbergen haben, Yvettes Geheimnis wird am Ende aber lediglich auf zwei Seiten abgehandelt - obwohl man bereits lange davor erahnen konnte, was sie getan hat. LIeber verliert sich die Autorin in den permanenten Andeutungen, die sich irgendwann nur noch wiederholen. Generell ist die Handlung sehr vorhersehbar.
Auch das Verhältnis zwischen Yvette und Tobias scheint mir nicht schlüssig - sie spielen miteinander wie Katz und Maus, um sich gegenseitig was genau anzutun? Die Intention ist mir zu schwach ausgearbeitet. Ebenso hätte es mancher Figuren nicht bedurft: Warum sind die blinde Nachbarin sowie deren Zugehfrau notwendig? Die Autorin erzählt weitschweifig Anekdoten aus deren Leben, ohne dass diese aber von zentraler Bedeutung für die Handlung wären. Als Leser wird man mit keiner der Figuren richtig warm.
Auch die Schilderung des Hauses trägt nicht unbedingt dazu bei, dass man sich als Leser gruselt: Man dringt nie richtig ein in die dort herrschende Atmosphäre, ich hatte nie das Gefühl, richtiggehend in die Handlung gekippt zu sein, was für mich aber einen guten Thriller ausmacht.
Fazit: Ein kurzweiliges Buch mit dem Versuch, zwei gestörte Persönlichkeiten nach Jahrzehnten erneut aufeinander treffen zu lassen mit völlig vorsehbarem Ausgang. Schade!