Poetisch, doch wenig spannend.

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franci Avatar

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„Vielleicht machte gerade das dass Böse so undurchsichtig. Dass es getarnt daherkam. Mit Charme, Klugheit und Talent. Sie hatte es unterschätzt.“

„Elternhaus“ – eine Geschichte, in deren Fokus Psyche und Figuren liegen.
Vor allem der unberechenbare, dadurch gefährliche, aalglatte Narzisst und die nervöse Hausfrau, die ihn zum Spielen einlud.

Jennifer Mentges sorgt hauptsächlich mit einer dunklen und durchweg bedrohlichen Atmosphäre für Spannung, gibt dem Leser das Gefühl, dass die wahren Geheimnisse der Hamburger High Society nicht allein in Kellern und hinter fremden Türen liegen, sondern im Menschen selbst, tief versteckt. Auch in solchen, die wir zur kennen glauben, denen wir Einlass in unser Heim, unsere Privatsphäre gewähren.

„Fürchtet euch nicht?
Oh, doch, tut es!“

Da aus wechselnder Perspektive erzählt wird, lernen wir die verschiedenen Charaktere kennen, bekommen Einblicke in deren Leben und ihre Beziehungen, sogar in ihre Ängste und Hoffnungen, erhaschen eine Ahnung von den Gegebenheiten, selbst jenen, die vor Ehepartnern, Kindern und Freunden verborgen bleiben.
In die aktuellen Geschehnisse zwängt sich, stets an passender Stelle, die Vergangenheit, eine Rückblende zu Ereignissen, die sich nicht nur in der holzverkleideten der Villa Elbgold, sondern auch in ehemaligen Bewohnern und Nachbarn niederließ. Manche Dinge vergisst man nicht. Die Autorin verliert sich im Schwadronieren, in Nebensätzen und Details, klaubt dem Unheil, wenn auch auf poetische und bildliche Weise, öfter seine Wirkung. Dennoch liest sich der Stil flüssig, Regungen von Natur und Figuren, Nuancen der Befindlichkeiten fließen intensiv in das Geschehen, schüren das beklemmende Gefühl.
Ich gestehe, dass ich recht schnell die Verbindungen der Szenen und Charaktere, ihre Intentionen durchschaut habe, doch gab es auch Momente, die überraschten und dafür sorgten, dass mich eine Gänsehaut überkam.
Die Handlung war durchdacht und nachvollziehbar aufgebaut, die Protagonisten intelligent gezeichnet, die Stimmung angespannt. Zwar gab es weder Action noch viele Ereignisse, dafür ein perfides, genau konstruiertes Spiel, erschreckende sowie tragische Hintergründe, Lügen und gut getarnten Wahn.