Schwierige Kiste - Erwartungen leider nicht erfüllt
„Empire of Sins and Souls“ ist mein erstes Buch von Beril Kehribar, und mich hat die Idee sofort gepackt. Hinzu kommt das schöne Cover. Obwohl ich Grundidee und Setting nach wie vor gut finde, ist das Buch hinter meinen Erwartungen zurückgeblieben. Vielen Dank an vorablesen und den Verlag für das Rezensionsexemplar.
„Empire of Sins and Souls“ wird vom Verlag als Dark Romantasy und als „Pageturner“ vermarktet. Leider muss ich gerade bei letzterem sagen, dass ich das anders sehe, denn das Buch hat deutliche Längen und lässt sich stellenweise nur zäh lesen.
Positiv hervorheben will ich die Grundidee und das in einer an Frankreich erinnernden Fantasy-Welt angesiedelte, historisch anmutende Setting.
Der Stoff hat Potenzial für eine düstere Fantasy-Erzählung. Doch es kam trotz anfänglicher Vorfreude schnell der Punkt, an dem mir klar wurde, dass mich dieses Leseerlebnis enttäuschen wird. Eines der für mich größten Probleme, gerade in der ersten Hälfte: Das Melodrama, das die Story nahezu erstickt. Ständig fallen Sätze wie „Die Hölle, die ich Leben nannte“, „unter falscher Schönheit versteckt wie ein Lächeln eine gepeinigte Seele“, „Finsternis sammelte sich in meinem Herzen“. Diese Formulierungen erzeugen keinerlei Gefühle bei mir, ich empfinde sie als inhaltsleer und theatralisch, und es ist schade, dass ich an keinem Punkt eine tiefere Verbindung zur Geschichte aufbauen konnte.
Oftmals sind die Beschreibung der Szenerie, die Wortwahl („seine Stimme rann über meine Sinne wie kühle Tautropfen“? „lustvolle Laute, die wie ein Messer in meine Haut schnitten“? „Lust, die sich durch meinen Körper wand wie eine verräterische Schlange“? ), die Choreografie von Handlungen und die Gedankengänge Zoes schwer nachvollziehbar, wirken überzogen, unpassend und nahezu wirr. So fällt es oft schwer, sich in Szenen zu orientieren (was steht wo, wo befindet sich die Hauptfigur in Relation zu anderen Figuren, Gebäuden, usw.). Wie ist ein Licht „hell und dunkel zugleich“? Physik has left the chat. Wie „starrt“ man jemanden „noch mehr an“? Ständig kriecht Zoe ein Gefühl an den Knochen entlang. Ihr Magen und ihr Herz fallen alle paar Seiten „ins Bodenlose“, Lachen schabt über ihre Wirbelsäule, ein Eisschauer prasselt auf ihre Wirbelsäule oder Eis kriecht in ihre Wirbel, Herzschläge pochen auf Zungenspitzen, Bäuche zerreißen vor lauter Erregung, Herzen gehen in Flammen auf, Schreie zerreißen regelmäßig Kehlen, Schmerzen zerquetschen Herzen, Zoes Herz wirft sich gegen ihre eigene oder gegen Alexeis Brust, und aus irgendeinem Grund folgt daraus nie ein Blutbad. Ein anderes Beispiel, S. 367: Sie hört ein „lautes Rauschen“. Es „dringt in“ ihr „Sichtfeld und legt sich wie Dunst auf“ ihre „Haut“. Meine Sinne sind vollkommen verwirrt von dieser Schilderung. Dann die Grammatik: „Schuhe klackern über die Pflastersteine, DER von wenigen Laternen schwach beleuchtet wurde.“ oder Formulierungen wie „Backsteine ergossen sich in einen blassblauen Himmel“, um Häuser zu umschreiben. Durch dieses hohe Abstraktionslevel und die teilweise sehr eigenartigen Bilder muss man sich mühsam durcharbeiten, und somit war ich oft viel mehr damit beschäftigt, den Text zu entziffern, als ihn zu genießen.
Spoiler ab hier
Zoe wirkt als Figur eher unausgereift. Oft wechselt sie in nicht nachvollziehbarer Weise von einer Emotion in die nächste, ihre Gedankengänge sind zumeist wirr und kreisen ermüdend oft um die Attraktivität des Grafen. Auch entwickelt sie sich nicht, wird nicht mehr oder weniger moralisch, nicht schlauer, stärker, nichts. Sie ist am Ende der Handlung exakt so wie zu Beginn, nur tot. Ich denke, das hat viel damit zu tun, dass sie sich zumeist wie eine Schubkarre durch die Handlung schieben lässt, von Alexei, Claire, Valentin, Nika, Marie, Ramon … die Handlung in Xanthia besteht fast nur daraus, dass jemand Zoe sagt, was sie tun soll oder sie mit sich mit schleift oder beides, bis auf ihren Ausflug in den Garten, wo sie es keine fünf Minuten schafft, auf dem Pfad zu bleiben, obwohl Alexei ihr deutlich sagt „bleib auf dem Pfad“, und der offenbar nur dafür da war, einen etwas unangenehmen „Wer hat dir das angetan“-Moment herbeizuführen.
Dann zum Thema Logik:
Der Typ, der Zoe ver ... ihr wisst schon … will, lässt erstmal seinen Dolch genau in ihrer Reichweite liegen. Und obwohl sie zierlicher ist als er, kracht er einfach mal gegen die nächste Wand, als sie ihn von sich stößt.
Dann Anatomie und Physiologie. Die meisten Autoren sind keine Mediziner, Lektoren auch nicht, aber dass hier gar nichts stimmt, hätte mal irgendwem auffallen können. Als es zur Sache geht, und er „von innen über ihre Bauchdecke streicht“, ich kann mir lebhaft vorstellen, wie verwirrt Harnblase und Schambein sich angesehen und dann achselzuckend für diesen magischen Moment Platz gemacht haben. Dann Tränen, die sofort auf Wangen gefrieren, dafür müsste es mal mindestens -20 bis -40 Grad Celsius haben, und „Venen“ werden oft im falschen Kontext verwendet, häufig wäre „Arterien“ richtig gewesen (oder man schreibt eben einfach „Adern“, aber wenn man es schon konkret macht, sollte es richtig sein). Physiologie ist in diesem Buch ohnehin ein Thema. In Xanthia ist man tot, aber man blutet und atmet. Man kann außer Atem und vom Blutverlust erschöpft sein, man kann müde sein, aber schlafen geht nicht. Man muss nicht essen, aber man hat einen Herzschlag und stößt Adrenalin aus (das heißt, der Blutkreislauf funktioniert, also müsste man ja schon trinken, essen und schlafen, um denselben aufrecht zu erhalten). Dann ist Zoe später ein Geist und hat trotzdem einen Puls, atmet, schwitzt, und das Blut rauscht durch ihre Adern. Man weiß gar nicht, wo man da anfangen soll. Irgendein einigermaßen nachvollziehbares System wäre schön gewesen, so wirkt es willkürlich und nicht durchdacht.
Auch die Liebesgeschichte hat mich nicht abgeholt. Alexeis Postersprüche waren klischeehaft, und der Rest war auch nicht besser. Er schlägt Löcher in Wände, sagt den Namen einer anderen Frau als Zoe ihm … gönnt, macht sich vom Acker, kaum, dass er seine Hose wieder anhat, und dann machen wir den Vampire Diaries Move und Zoe sieht aus wie seine totgeglaubte Geliebte Katherine, Verzeihung, Nastya. Und das alles würde mich nicht mal per se stören, wenn Zoe Alexei nicht so unnormal anhimmeln würde. Er zeigt abgesehen von S*x kaum romantisches Interesse an ihr, und sie fabuliert sich im Kopf eine große Liebesgeschichte zurecht. Eine oberflächliche se*uelle Anziehung kam rüber, Romantik leider gar nicht. Der zweite love interest könnte etwas mehr Knistern bereithalten, viel hat man davon noch nicht gesehen, aber wäre ich jetzt daran interessiert, Band 2 zu lesen, wäre das meine Hoffnung.
Fazit: Ich habe mir von dem Buch viel versprochen, aber die Erzählung bleibt leider hinter meinen Erwartungen zurück. Stärken finden sich in der Grundidee, dem Beginn mit der Schilderung von Zoes Erwachen in Xanthia, und auch die Rückblenden haben mir ganz gut gefallen. Bis auf ein paar schiefe Bilder war der Spice auch in Ordnung (wenn ich jetzt mal beide Hühneraugen zudrücke und ignoriere, dass es diese komische Gartenszene gab) und weitestgehend geschmackvoll. Der Rest war für mich enttäuschend. 2 Sterne
„Empire of Sins and Souls“ wird vom Verlag als Dark Romantasy und als „Pageturner“ vermarktet. Leider muss ich gerade bei letzterem sagen, dass ich das anders sehe, denn das Buch hat deutliche Längen und lässt sich stellenweise nur zäh lesen.
Positiv hervorheben will ich die Grundidee und das in einer an Frankreich erinnernden Fantasy-Welt angesiedelte, historisch anmutende Setting.
Der Stoff hat Potenzial für eine düstere Fantasy-Erzählung. Doch es kam trotz anfänglicher Vorfreude schnell der Punkt, an dem mir klar wurde, dass mich dieses Leseerlebnis enttäuschen wird. Eines der für mich größten Probleme, gerade in der ersten Hälfte: Das Melodrama, das die Story nahezu erstickt. Ständig fallen Sätze wie „Die Hölle, die ich Leben nannte“, „unter falscher Schönheit versteckt wie ein Lächeln eine gepeinigte Seele“, „Finsternis sammelte sich in meinem Herzen“. Diese Formulierungen erzeugen keinerlei Gefühle bei mir, ich empfinde sie als inhaltsleer und theatralisch, und es ist schade, dass ich an keinem Punkt eine tiefere Verbindung zur Geschichte aufbauen konnte.
Oftmals sind die Beschreibung der Szenerie, die Wortwahl („seine Stimme rann über meine Sinne wie kühle Tautropfen“? „lustvolle Laute, die wie ein Messer in meine Haut schnitten“? „Lust, die sich durch meinen Körper wand wie eine verräterische Schlange“? ), die Choreografie von Handlungen und die Gedankengänge Zoes schwer nachvollziehbar, wirken überzogen, unpassend und nahezu wirr. So fällt es oft schwer, sich in Szenen zu orientieren (was steht wo, wo befindet sich die Hauptfigur in Relation zu anderen Figuren, Gebäuden, usw.). Wie ist ein Licht „hell und dunkel zugleich“? Physik has left the chat. Wie „starrt“ man jemanden „noch mehr an“? Ständig kriecht Zoe ein Gefühl an den Knochen entlang. Ihr Magen und ihr Herz fallen alle paar Seiten „ins Bodenlose“, Lachen schabt über ihre Wirbelsäule, ein Eisschauer prasselt auf ihre Wirbelsäule oder Eis kriecht in ihre Wirbel, Herzschläge pochen auf Zungenspitzen, Bäuche zerreißen vor lauter Erregung, Herzen gehen in Flammen auf, Schreie zerreißen regelmäßig Kehlen, Schmerzen zerquetschen Herzen, Zoes Herz wirft sich gegen ihre eigene oder gegen Alexeis Brust, und aus irgendeinem Grund folgt daraus nie ein Blutbad. Ein anderes Beispiel, S. 367: Sie hört ein „lautes Rauschen“. Es „dringt in“ ihr „Sichtfeld und legt sich wie Dunst auf“ ihre „Haut“. Meine Sinne sind vollkommen verwirrt von dieser Schilderung. Dann die Grammatik: „Schuhe klackern über die Pflastersteine, DER von wenigen Laternen schwach beleuchtet wurde.“ oder Formulierungen wie „Backsteine ergossen sich in einen blassblauen Himmel“, um Häuser zu umschreiben. Durch dieses hohe Abstraktionslevel und die teilweise sehr eigenartigen Bilder muss man sich mühsam durcharbeiten, und somit war ich oft viel mehr damit beschäftigt, den Text zu entziffern, als ihn zu genießen.
Spoiler ab hier
Zoe wirkt als Figur eher unausgereift. Oft wechselt sie in nicht nachvollziehbarer Weise von einer Emotion in die nächste, ihre Gedankengänge sind zumeist wirr und kreisen ermüdend oft um die Attraktivität des Grafen. Auch entwickelt sie sich nicht, wird nicht mehr oder weniger moralisch, nicht schlauer, stärker, nichts. Sie ist am Ende der Handlung exakt so wie zu Beginn, nur tot. Ich denke, das hat viel damit zu tun, dass sie sich zumeist wie eine Schubkarre durch die Handlung schieben lässt, von Alexei, Claire, Valentin, Nika, Marie, Ramon … die Handlung in Xanthia besteht fast nur daraus, dass jemand Zoe sagt, was sie tun soll oder sie mit sich mit schleift oder beides, bis auf ihren Ausflug in den Garten, wo sie es keine fünf Minuten schafft, auf dem Pfad zu bleiben, obwohl Alexei ihr deutlich sagt „bleib auf dem Pfad“, und der offenbar nur dafür da war, einen etwas unangenehmen „Wer hat dir das angetan“-Moment herbeizuführen.
Dann zum Thema Logik:
Der Typ, der Zoe ver ... ihr wisst schon … will, lässt erstmal seinen Dolch genau in ihrer Reichweite liegen. Und obwohl sie zierlicher ist als er, kracht er einfach mal gegen die nächste Wand, als sie ihn von sich stößt.
Dann Anatomie und Physiologie. Die meisten Autoren sind keine Mediziner, Lektoren auch nicht, aber dass hier gar nichts stimmt, hätte mal irgendwem auffallen können. Als es zur Sache geht, und er „von innen über ihre Bauchdecke streicht“, ich kann mir lebhaft vorstellen, wie verwirrt Harnblase und Schambein sich angesehen und dann achselzuckend für diesen magischen Moment Platz gemacht haben. Dann Tränen, die sofort auf Wangen gefrieren, dafür müsste es mal mindestens -20 bis -40 Grad Celsius haben, und „Venen“ werden oft im falschen Kontext verwendet, häufig wäre „Arterien“ richtig gewesen (oder man schreibt eben einfach „Adern“, aber wenn man es schon konkret macht, sollte es richtig sein). Physiologie ist in diesem Buch ohnehin ein Thema. In Xanthia ist man tot, aber man blutet und atmet. Man kann außer Atem und vom Blutverlust erschöpft sein, man kann müde sein, aber schlafen geht nicht. Man muss nicht essen, aber man hat einen Herzschlag und stößt Adrenalin aus (das heißt, der Blutkreislauf funktioniert, also müsste man ja schon trinken, essen und schlafen, um denselben aufrecht zu erhalten). Dann ist Zoe später ein Geist und hat trotzdem einen Puls, atmet, schwitzt, und das Blut rauscht durch ihre Adern. Man weiß gar nicht, wo man da anfangen soll. Irgendein einigermaßen nachvollziehbares System wäre schön gewesen, so wirkt es willkürlich und nicht durchdacht.
Auch die Liebesgeschichte hat mich nicht abgeholt. Alexeis Postersprüche waren klischeehaft, und der Rest war auch nicht besser. Er schlägt Löcher in Wände, sagt den Namen einer anderen Frau als Zoe ihm … gönnt, macht sich vom Acker, kaum, dass er seine Hose wieder anhat, und dann machen wir den Vampire Diaries Move und Zoe sieht aus wie seine totgeglaubte Geliebte Katherine, Verzeihung, Nastya. Und das alles würde mich nicht mal per se stören, wenn Zoe Alexei nicht so unnormal anhimmeln würde. Er zeigt abgesehen von S*x kaum romantisches Interesse an ihr, und sie fabuliert sich im Kopf eine große Liebesgeschichte zurecht. Eine oberflächliche se*uelle Anziehung kam rüber, Romantik leider gar nicht. Der zweite love interest könnte etwas mehr Knistern bereithalten, viel hat man davon noch nicht gesehen, aber wäre ich jetzt daran interessiert, Band 2 zu lesen, wäre das meine Hoffnung.
Fazit: Ich habe mir von dem Buch viel versprochen, aber die Erzählung bleibt leider hinter meinen Erwartungen zurück. Stärken finden sich in der Grundidee, dem Beginn mit der Schilderung von Zoes Erwachen in Xanthia, und auch die Rückblenden haben mir ganz gut gefallen. Bis auf ein paar schiefe Bilder war der Spice auch in Ordnung (wenn ich jetzt mal beide Hühneraugen zudrücke und ignoriere, dass es diese komische Gartenszene gab) und weitestgehend geschmackvoll. Der Rest war für mich enttäuschend. 2 Sterne