Genial erzählter Reise-/Familienroman

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frischelandluft Avatar

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Schulman kann einfach toll erzählen. Ich bin begeistert, wie er seine Romane aufbaut, so klug durchdacht und konstruiert ohne an Erzähl- bzw. Leselust zu verlieren. Dieser Roman spielt an Bahnsteigen oder in Zügen, das macht die Erzählung unruhig, denn man ist nie statisch, z.B. im sicheren Zuhause, sondern ständig in Bewegung, man wird bewegt.
Und das ist das Thema, eine grundliegende Unruhe in den Charakteren, die auf ein Ziel zufahren, aber stark von Ereignissen ihrer Vergangenheit geprägt sind.
Es ist eine Familiengeschichte, die drei Generationen umfasst. Als Leser begegnen wir immer Paaren auf der Reise, Vater Bob – Tochter Harriet, Tochter Harriet – Partner Oskar, Vater Oskar –Tochter Yana und schließlich Yana alleine. Alle Züge fahren nach Malma, ohne dass wir wissen, warum. Einiges wird angedeutet, als Leser nähert man sich langsam. Was macht man im Zug? Man fährt in Richtung eines Ziels, Malma, man sieht aus dem Fenster, man erinnert sich. So gibt es in jedem Kapitel die Ebene der ‚aktuellen‘ Reise und die Ebene der vergangenen Familiengeschichte aus der Perspektive eines/einer Reisenden erzählt. Einige sehen mehr zurück, andere in die Zukunft. Alle Reisen sind miteinander verbunden. Schulman erzählt nicht linear, in jedem Kapitel reist man einen Teil der Strecke, mal bei einer früheren, mal bei einer späteren Reise. So werden die Handlungsstränge parallel erzählt, was die Verbindung zwischen den Reisen noch verstärkt. Das funktioniert, ohne zu verwirren, die Erzählung wird unglaublich dynamisch.
Der Roman liest sich sehr flüssig und spannend. Bis zum Schluss fragt man sich, was in Malma passiert bzw. passiert ist. Seit Anna Karenina war ein Bahnhof bzw Zug nicht mehr so spannend.