Schmerzhaft

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
si_liest Avatar

Von

Wer die Bücher von Alex Schulman kennt, der*die weiß, dass er es versteht, eine Vielzahl an Emotionen und Gefühlen bei den Leser*innen zu wecken und dass seine Romane noch eine Zeitlang im Kopf und in den Gedanken bleiben. Auch „Endstation Malma“ habe ich fast in einem Rutsch gelesen, weil ich das Buch fast nicht mehr aus der Hand legen konnte, so spannend, empathisch, aber auch schmerzhaft fand ich die Lektüre.
Drei Personen, drei Perspektiven, drei Zeiten, ein Ziel: der (fiktive?) Bahnhof Malma, einige Stunden von Stockholm entfernt. Zuerst scheinen die Personen keinerlei Verbindung zueinander zu haben, bis dann auf einmal klar wird, dass hier die Verletzungen einer Familie über Generationen dargelegt werden. Was zuerst noch sehr vage scheint und nur fragmentarisch erzählt wird, wird mit der Zeit – und quasi mit den zurückgelegten Kilometern – immer klarer, bis sich dann am Ende ein vollständiges Bild dieser traumatischen Familienkonstellationen und deren Auswirkungen bis in die heutige Zeit ergibt.
Wie schon erwähnt habe ich das Buch regelrecht inhaliert. Die wechselnden Perspektiven und der stetige Aufbau von Spannung haben mich Seite um Seite weiterlesen lassen. Alex Schulman zeichnet hier das Bild einer Familie, in der sich sicher viele Menschen meiner Generation (in den 80ern geboren) zumindest in Teilen wiedererkennen können; viele Themen sind mir nur allzu gut bekannt. So wird aufgezeigt, wie sich transgenerationale Traumata durch die einzelnen Biographien ziehen. Es geht unter anderem um Sprachlosigkeit, emotionale Taubheit, Wut, die Unfähigkeit, Liebe auszudrücken, emotionale Unreife, emotionales Essen und die lebenslange Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Der Autor legt den Finger tief in die Wunde, bleibt dabei aber immer sehr empathisch und wertet nicht. Mich hat vieles beim Lesen sehr berührt und gerade den Schluss fand ich sehr stimmig, hoffnungsvoll und tröstend.
Eine emotional durchrüttelnde, aber auf jeden Fall lohnenswerte Lektüre.