Ordentliche Dystopie mit verschenktem Potential

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lesefreund39 Avatar

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Vorweggenommen bin ich ein großer Fan von Dystopien, sodass mich das vorliegende Buch natürlich sofort angesprochen hat. Mit großen Erwartungen habe ich die Lektüre gestartet, die jedoch nur teilweise erfüllt wurden.
Die geschilderte Welt ist gebeutelt von Klimaveränderungen und die Menschen leben in einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Auf der einen Seite die wohlhabenden und privilegierten der "1 Milliarde", auf der anderen Seite der am Existenzminimum lebende und um den Score kämpfende Rest.
In meinen Augen sind vor allem zwei Punkte weniger gut gelungen. Der gute und innovative Ansatz, ein mögliches Zukunftsszenario zu erstellen, wirkt zu Beginn wirklich realistisch und überzeugend, wird im Laufe der Geschichte aber immer haarsträubender. Unter der Erde eingepferchte Tiere, menschliche Roboter, welche die Privilegierten umsorgen, ein mysteriöser Auswahlalgorithmus und viele weitere kleine Ungereimtheiten lassen die Geschichte für mich leider nie richtig zur Entfaltung kommen. Vor allem das sehr rasante und am Ende doch wenig befriedigende Ende wirken arg konstruiert und lässt viele Fragen offen.
Der zweite Aspekt ist die etwas oberflächliche Storygestaltung und damit in Verbindung auch die wenig authentisch wirkenden Protagonisten. Jenna ikommt als hochtalentierte Programmiererin nach NewValley und entpuppt sich sehr schnell aus naive junge Frau, die Anpassungsschwierigkeiten hat. Ihre Fähigkeiten werden kaum erwähnt, und sind für die Story und deren Auflösung nicht relevant. Auch die anderen Charaktere bleiben häufig flach und etwas klischeehaft.
Positiv zu erwähnen ist der flüssige und durchaus ansprechende Schreibstil, der (leider) auch sehr viele englischsprachige Phrasen enthält und so für den etwas älteren Leser vielleicht nicht mehr so schön zu lesen ist, die Jugend aber mit Sicherheit anspricht. Man konnte die Geschichte sehr flüssig lesen und die Spannung war auch in gewisser Weise vorhanden. Lediglich die zahlreichen inneren Monologe, die sich teilweise wiederholt haben, hätte man kürzen können.
Insgesamt also ein ordentliche dystopischer Jugendroman, der leider an einigen Stellen Potential verschenkt und mich nicht restlos überzeugen konnte. Solide drei von fünf Sternen.