Nicht so packend wie erwartet

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lunamonique Avatar

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Gemma Adderley kann das Leben mit ihrem gewalttätigen Mann nicht mehr ertragen. Kurzerhand flieht sie mit ihrer Tochter Carly. Wenig später wird ein Mädchen mit Teddy traumatisiert in einem Hauseingang gefunden. Was ist geschehen? Kriminalpsychologin Marina Esposito wird zum Fall hinzugezogen, um mit Hilfe der kleinen Zeugin die Wahrheit herauszufinden.

„Gemma Adderley hatte genug. Sie hatte ertragen, was ein Mensch ertragen konnte, hatte immer nur eingesteckt, hatte alles geschluckt. Sie lebte in Angst, war gedemütigt, verzweifelt, verletzt. Ja, vor allem verletzt. Auf jede nur erdenkliche Weise.“ Von Anfang an entsteht eine beklemmende Atmosphäre. Das Thema „Missbrauch“, Angst, Erniedrigungen, Ausweglosigkeit berühren. Ausgerechnet als sich Gemma zur Flucht entscheidet, nimmt ihr Leben eine erneute schicksalhafte Wendung. Profilerin Marina weiß selbst, wie es sich anfühlt, im eigenen Haus nicht sicher zu sein. Was hat sie erlebt? Das Rätselhafte zieht sich durch die Geschichte. Je mehr über Marinas Bedrohung herauskommt, desto weniger ist verständlich, warum sie sich von ihrer großen Liebe Detective Phil Brennan getrennt hat. Phil ermittelt in Gemmas Fall. Bald laufen die Fäden zusammen. Spekulationen werden lange Zeit nicht in Gang gesetzt. Der Täter scheint eindeutig festzustehen oder ist nichts wie es scheint? Steckt ein perfider, eiskalter Plan hinter allem? Kurz kommt Spannung mit einer weiteren Attacke auf. Es lässt sich erahnen, wie es ausgeht. Handlungswechsel bieten Einblicke in die Psyche des Täters. Viel zu spät setzt das Verwirrspiel ein. Es fehlt dem Thriller an Raffinesse. Zu viel wird angedeutet und verraten. Ein Highlight sind Imani und Avi als Team. Hier wurde das Potential besonders im letzten Buchdrittel nicht ausgeschöpft. Sie hätten für rasante und packende Szenen sorgen können. Das Ermittlerteam geht ungewöhnlich viele Risiken ein. Nicht alles scheint gut durchdacht. Auch der Täter macht zu viele Fehler. Verschiedene Ebenen von Gefahren, die anfangs aufgebaut wurden, verlaufen im Sande. Material, das im nächsten Band genutzt wird? Der Showdown soll noch einmal alles rausholen, ist aber viel zu kurz und unspektakulär gehalten. In entscheidenden Momenten fehlt es an Tempo. Das Verhalten ist nicht immer schlüssig. Alles zu zögerlich, zu sehr nach Reihenfolge konstruiert. Auch nicht alle Dialoge überzeugen. Mehr Fokus auf Überraschungen und Wendungen, und der Thriller hätte wesentlich mehr packende Unterhaltung bieten können. Die Hauptfiguren Phil und Marina haben mehr Potential als ausgespielt wurde. Das Gewicht liegt zu sehr auf ihren nicht nachvollziehbaren Beziehungsproblemen. Schade.

Das Cover ist kreativ und ungewöhnlich. Mit wenigen Mitteln werden die Blicke auf Buch und den düsteren Titel gezogen. Das Gesicht als Hintergrund hat Ausdrucksstärke. „Er will dein Herz“ überzeugt mit einem gelungenen Einstieg und besonderen Ansatz, bietet aber zu wenig Thrillercharakter. Die Erwartungen auf einen Pageturner erfüllen sich nicht. Das Ermittlerteam bleibt interessant, aber auch hier ist noch viel mehr möglich.