Warum bist du nicht endlich mal glücklich?

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Es wird Zeit, Frauenroman von Ildikó von Kürthy, 320 Seiten, erschienen im Wunderlich-Verlag.
Eine Geschichte von Schuld und Freundschaft, vom Älterwerden und vom Jungbleiben, es geht um die Heimat, die Liebe und den Tod und darum, dass am Ende nichts verlorengehen kann.
Die 50jährige Zahnarztgattin Judith Rogge hat schon fast 30 Jahre mit einer Lüge gelebt. Nun ist sie unterwegs in ihre Heimat, im Gepäck die Urne ihrer verstorbenen Mutter, die in ihrem Heimatort eine letzte Ruhestätte finden soll. Außerdem will sie ihr Elternhaus verkaufen. Plötzlich verändert sich ihr ganzes Leben. Ihre beste Freundin Anne ist todkrank. Ihre Jugendliebe macht ihr ein unmoralisches Angebot, ihre Söhne sind erwachsen und ihr Mann schnarcht. Ist es zu spät, noch einmal neu anzufangen?
Das Buch gliedert sich in übersichtliche Kapitel in der idealen Leselänge, die mit einem zusammenfassenden Titel überschrieben sind. Dazwischen bunte Zeichnungen von Peter Pichler, die mir ausnehmend gut gefallen haben. Die Autorin bedient sich des Erzählstils in der Ich-Form aus Sicht der Protagonistin, somit sind deren Gefühle und Gedanken dem Leser verfügbar, dadurch entsteht die Möglichkeit jederzeit ganz nah dran am Geschehen zu sein. Tagebucheinträge und Briefe sind kursiv dargestellt und sofort erkennbar.
Ich habe schon einige Bücher der Autorin gelesen und mich gut unterhalten, doch dieses Werk hat mich leider enttäuscht. Richtig genervt war ich von der Protagonistin ein übertherapiertes Luxusfrauchen mit zu viel Zeit zum Jammern, bezeichnend für ihre Einstellung sind wohl folgende Sätze auf S.51: „Ich bin verlassen worden. Erst von meinen Kindern und jetzt von meiner Mutter. Nur mein Mann, der bleibt, ausgerechnet. Undankbar, obwohl sie sich nie zwischen Arbeit und Kindern zerreiben musste, in einem schönen Haus und sonstigem Luxus lebend, mit Zugehfrau, ohne materiellen Sorgen und viel Zeit sich selbst zu bedauern. Dabei hat ist ihr Mann immer gut zu ihr gewesen. Obwohl ihre Freundin Anne um ihr Leben kämpfen muss, sind ihr die eigenen kindischen Sorgen und Nöte am wichtigsten. Dazu passend ihr bester Freund Erdal, die gleiche „Dramaqueen“, nur in männlich. Die Szene bei der Fernsehpreisverleihung die sie zusammen mit Erdal besuchte und für beide in der Notaufnahme endete fand ich hanebüchenen Klamauk. Meine Lieblingsfigur war Anne, eine starke Frau trotz ihrer Krankheit. Gestört hat mich auch, dass die Szenen oft abrupt wechselten, dass ich nicht mehr wusste wo sich die Geschichte aktuell abspielt. Mir war auch ein Rätsel warum Ehemann und Söhne von Judith nicht bei der Beerdigung der Oma dabei waren. Nicht immer waren der Plot und die Handlungen der Charaktere für mich nachvollziehbar. Die Handschrift der Autorin konnte ich zwischendurch jedoch immer wieder erkennen, z.B. in Lebensweisheiten die von Kürty mit auf den Weg gibt, manchmal musste ich schmunzeln und auch laut lachen, am Ende aber auch weinen. Der Epilog ist der Autorin gut gelungen. Was die Ängste der Protagonistin, z. B. um ihre Kinder betrifft konnte ich sogar meine eigenen Gefühle darin wiederfinden. Das Zitat auf S. 38: „ Wer keine Angst hat, der hat bloß zu wenig Phantasie“, habe ich mir notiert. Ergibt von mir gutgemeinte 3 Sterne.