Prima gemeistert

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rebekka Avatar

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Eines war mir schon nach der Leseprobe klar: Dieses Buch sollte zur Pflichtlektüre für alle werdenden Mütter werden. Nicht, weil ihnen das Gleiche passieren könnte wie Katja Zimmermann: schwanger mit Zwillingen und der Mann macht sich noch vor der Geburt aus dem Staub. Sondern deshalb, weil sie sich an der Einstellung der alleinerziehenden Mutter, ihrem Pragmatismus und ihrem Elan, mit dem sie die schwierige Situation meistert, eine Scheibe abschneiden könnten.

Zimmermann blickt nach zwölf Jahren Kindererziehung zurück und stellt fest: Wir drei, die Zwillinge und ich, haben das prima gemeistert. Zwar fehlt der Vater in ihrem Leben – wenigstens die meiste Zeit, lebt der doch in Australien und kommt nur gelegentlich zu Besuch. Aber dafür hat die freischaffende Drehbuchautorin Hilfe von Eltern und „Beinahe“-Schwiegereltern, von Freunden und Babysittern. Dass sie trotzdem ganz allein die Verantwortung trägt für zwei kleine Lebewesen, ist ihr bewusst und macht ihr gelegentlich auch zu schaffen. Trotzdem lässt sie sich nicht unterkriegen und setzt Prioritäten: Warum Babybrei kochen, wenn es doch Gläschen gibt?

Manche Sätze in ihrem Buch möchte man rot anstreichen und auf Elternabenden im Kindergarten laut vorlesen, beispielsweise diese: „Ich wusste von Anfang an, dass ich es nicht schaffen würde, eine perfekte Mutter für zwei kleine Kinder zu sein – warum sich also selber quälen? Mein Mutterbild bastelte ich mir selber. Oberstes Gebot war, es uns allen gutgehen zu lassen. Wenn es mir nicht gutging, würde ich unfähig sein, meinen Kindern die Aufmerksamkeit und Liebe zu geben, die sie verdienten“. Oder diese hier: „Wir waren niemals die Muttis, die ihren Kindern alles hinterherschleppten, während die kleinen Terroristen kommandierten und schimpften, weil man ihre Lieblingsförmchen vergessen hatte. Verantwortung für seinen Kram zu tragen kann man nicht früh genug lernen“. Jawohl, so ist es. „Perfekte“ Übermütter werden sie dafür hassen, ich könnte ihr deswegen aber Hände und Füße küssen.

Bei aller Zustimmung gibt es aber doch etwas zu kritisieren an diesem Buch. Katja Zimmermann hat, wie sie oft genug betont, das Glück, zu Hause arbeiten zu können und damit genug Geld zu verdienen. Für eine alleinerziehende Friseurin, die nur den Mindestlohn verdient, sich weder Babysitter leisten noch auf die Hilfe von Verwandten zurückgreifen kann, sieht die Situation ganz anders aus. Die ist abends auch viel zu müde, um mit einem Glas Rotwein auf den Treppenstufen zu sitzen und mit den Nachbarinnen zu plaudern. Leider sind alle Alleinerziehenden, die Zimmermann in ihrem Buch anführt, ebenso taff und erfolgreich wie sie. Man hätte gern auch etwas von den anderen gelesen, die an dieser Aufgabe gescheitert sind.