Der letzte Weg

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
murksy Avatar

Von

Eine alte Frau hat einen Traum, einmal das Meer sehen. Doch das ist weit weg. Zudem beginnt die Frau, sich zu verlieren, vergisst immer öfter, wer sie ist. Trotzdem macht sie sich auf den Weg, packt das Notwendigste ein und schreibt auch auf Papier ihren Namen, für den Fall, dass sie sich wieder vergisst. Dann geht sie los, zu Fuß. Ihrem Mann läßt sie eine Rezeptsammlung zurück, damit der auch weiß, was er essen kann. Dann verläßt sie die Farm, mit ihren 82 Jahren. 2000 Meilen, doch was soll das schon sein, im Vergleich zu ihrem Leben. Kurz nach ihrer Farm trifft sie ihren Nachbarn, der sich sofort Sorgen macht. Und wie wir bald erfahren, sie immer noch liebt. Denn das Buch blickt immer wieder zurück, zeigt uns ein Leben voller Entbehrungen und Härten. Aber auch von Hoffnung und Liebe. Der Leser wird in die Jugend der Hauptpersonen zurückversetzt, erlebt mit, wie die Kinder aufwachsen, aus denen Freunde, Liebende und Eheleute werden. immer wieder kommen Schicksalschläge, die das Leben verändern und es in eine bestimmte Richtung drängen. Der Leser blickt in die Erinnerungen der Personen aus deren Blickwinkel, liest deren Briefe und wird in die Gefühlswelt der Menschen gezogen, die manchmal durch die äußeren Zwänge dazu getrieben werden, ihr Leben nach dem Takt des Sterbens zu richten. Das Buch geht zu Herzen, rührt zu Tränen, wenn man miterlebt, wie der Nachbarsjunge quasi adoptiert wird und in der Schar der durchnummerierten Kinder aufgeht. Dann der Unfall, der die Kinder aber noch mehr zusammenschweißt. Die Kinder werden größer, gehen zur Schule. Irgendwann kommt der Krieg, zerreißt Familien, nimmt auch Otto mit und läßt Etta zurück, die im schreibt und im Gegenzug seine von der Armee zensierten Briefe bekommt. Russell, durch den tragischen Unfall nicht in der Lage, in den Krieg zu gehen, verliebt sich in Etta. Doch Otto kehrt heim. Eine Freundschaft scheint zu zerbrechen. Erst der lange Marsch von Etta bringt die beiden alten Männer wieder zusammen. Dieser Marsch wird langsam zum Medienhype. Dieser Teil erinnert etwas an Forrest Gump, der seine plötzliche Popularität auch nicht verstand. Etta trifft freundliche Menschen, aber auch einen Kojoten namens James. Wunderbar dargestellt auf dem Cover des Buches. Dieser Kojote wird zum Sinnbild für Einsamkeit, Glaube und die Hoffnung. Etta spricht mit James, und manchmal fragt sich der Leser, ob Etta bereits in ihre Traumwelt geflüchtet ist. Russell, der Etta suchen will, muss erkennen, dass Etta diesen Weg alleine gehen muss. Otto, der zu Hause bleibt, hat dies längst begriffen. Und dieser letzte Weg, wenn auch getrennt, führt die Beiden letztendlich wieder zusammen. Das wirkt zunächst traurig, hat aber auch etwas unendlich fried- und liebevolles. Eine großartige Parabel auf das Leben und die Treue, Verzeihen und Lieben. Was ist das Leben? Was ist die Ehe? Ich habe nach dem letzten Satz das Buch noch lange in den Händen gehalten und bin in Gedanken ein Stück des Weges mit Etta gegangen. Es war einfach wunderschön, aber zugleich auch furchtbar einsam. Ein stück Literatur, dass es wert ist, aufmerksam und nachdenkend gelesen zu werden.