Ein langes Leben, ein langer Weg

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aennie Avatar

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Etta ist 83 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann Otto auf der gemeinsamen Farm in der weiten Prärie der kanadischen Provinz Saskatchewan. Die beiden haben sich mit 17 Jahren kennen gelernt, als sie als Lehrerin an die kleine Dorfschule kam in die er noch zur Schule ging, wenn seine Aufgaben auf der elterlichen Farm es zuließen. Nach seiner Rückkehr aus dem 2. Weltkrieg führten die beiden ein zufriedenes Farmerleben, obwohl sie keine Kinder bekommen konnten, Etta hatte mehrere Fehlgeburten. Ihr Nachbar ist Russell, der beste Freund Ottos und seit dem ersten Tag, an dem er Etta damals sah, in sie verliebt. Doch bis auf eine kurze Romanze während Ottos Abwesenheit, war beiden immer klar, für wen Ettas Herz schlägt.
Ettas Leben beginnt zu verwischen, die Ränder werden unscharf, sie wird dement. All das wird dem Leser erst im Laufe und besonders zu Ende der Geschichte klar. Etta macht sich auf den Weg nach Halifax, um das Meer zu sehen, diesen Wunsch hat sie noch im Leben. Sie bricht aus aus der Einheit mit ihrem Mann – und tut dies doch wieder nicht, denke ich, auf mehrere Weise nicht. Schließlich erreicht sie, erreichen die beiden, ihr Ziel: Das Meer und die Unendlichkeit des Wassers.
Diese Geschichte hat mich sehr berührt, sie ist wundervoll erzählt, in kurzen Kapiteln, Rückblenden und Dialogen, inneren Gedanken, den Briefen, die Otto und Etta sich während der Zeit schrieben, als er in Europa im 2. Weltkrieg kämpfte. Ich finde, die Autorin lässt sehr viel, unglaublich viel Platz für den Leser, um sich seine eigenen Gedanken zu machen. Man kann auch einfach lesen und es so nehmen, wie es da geschrieben steht, muss man aber nicht. Jeder darf selbst entscheiden, was, von dem was Etta erlebt auf ihrem Weg, tatsächlich passiert ist und was nicht. Hat sie James getroffen? Ist sie angekommen? Ist sie losgegangen? Physisch? Oder mental? Das möchte ich nicht deuten und nicht entscheiden.
Ich habe mir meine Gedanken und Schlüsse zur Geschichte gemacht. Eine absolute Leseempfehlung von mir, m.E. mit durchschnittlichen Englischkenntnissen gut lesbar auch im Original.