Dies ist keine Liebesgeschichte, ...

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evelynmartina Avatar

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... auch wenn es zunächst den Anschein macht, dass Daniel Glattauer mit seinem neuen Roman „Ewig Dein“ an seine Bestseller „Gut gegen Nordwind“ und „Alle sieben Wellen“ anknüpft. Irrtum! Denn die Geschichte zweier Menschen, die sich kennen und auf unterschiedliche Weise lieben lernen, nimmt einen dramatischen und nicht vorhersehbaren Verlauf und entwickelt sich langsam zu einem Psychothriller der besonderen Art.

Judith, die Inhaberin eines Lampengeschäfts in Wien, trifft auf Hannes, den smarten Architekten, der sie sofort in sein Herz schließt. Judith hat die Hoffnung auf den für sie passenden Mann bereits aufgegeben und kann es kaum fassen, tatsächlich dem Mann begegnet zu sein, der alle positiven Eigenschaften zu vereinen scheint. Doch Hannes nistet sich immer mehr in ihr Leben ein, nimmt Einfluss auf ihren Bekannten- und Verwandtenkreis und lässt Judith im wahrsten Sinne keine Luft zum Atmen. Judith fühlt sich bedrängt und fremdbestimmt und entscheidet letztendlich, sich von Hannes zu trennen. Diese Entscheidung stösst nicht nur bei Hannes auf Unverständnis und hat schwerwiegende Folgen. Für Judith beginnt ein monatelanger, mit Höhen und Tiefen verbundener Kampf um sich selbst.

Dass es sich bei „Ewig Dein“ nicht um einen Liebesroman dreht, wird recht früh deutlich. Die Handlung ist in Phasen aufgeteilt, Phasen eines Lebensabschnitts, Phasen einer Beziehung, das verheißt nichts Gutes. Daniel Glattauer schafft von Anfang an eine nahezu unheimliche Atmosphäre, die den Leser schnell an dem perfekten Glück von Judith und Hannes zweifeln lässt. Er richtet sein Augenmerk voll und ganz auf Judith und stellt ihre Gefühle, Ängste und ihre Zerrissenheit echt und ungekünstelt dar. Zusammen mit ihr begibt sich der Leser auf eine Gratwanderung zwischen Wahn und Wirklichkeit, wohingegen Hannes zwar agiert, trotzdem weitgehend im Dunklen bleibt. Sympathische Nebenfiguren, die mit ihren Aufgaben wachsen, vervollständigen das Personal einer ungewöhnlichen Geschichte, der es an Spannung nicht fehlt.
In einer schnörkellosen, prägnanten Sprache, die sich vor allem in den Dialogen widerspiegelt, und einem eigenwilligen Erzählstil spannt der Autor den Bogen des Geschehens in gekonnter und bewegender Manier zu einem für mich überraschenden und schlüssigen Ende.

Ein verblüffender Glattauer hat die Schublade, in die er spätesten seit seinen Welterfolgen von „Emmi und Leo“ gesteckt wurde, geöffnet und ein anderes Terrain betreten, was ihm meiner Meinung nach ausgezeichnet gelungen ist.