Als Hörbuch Extraklasse

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merkurina Avatar

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Ich wollte dieses Buch unbedingt zugelost bekommen, weil ich Wien liebe und (naja fast...) alles, was in Wien spielt, gerne lese. Es hat nicht funktioniert, das Buch zu bekommen. Deswegen habe ich mir das Hörbuch gekauft - und vielleicht war das sogar der bessere Griff.

Denn es ist ein ganz schön langer Text; ich lese in anderen (Buch-)Rezensionen, dass einigen Leser:innen das Werk zu langatmig ist.
Ich kann mir vorstellen, dass ich auch hätte kämpfen müssen. Die Zeitbudgets sind eng und wir finden sicher oft wenig Muße uns in einen so detailreichen Roman hineinzuversenken. "Blasmusikpop", der Debütroman der Autorin, zum Beispiel steht als relativ kleingedrucktes Taschenbuch-Exemplar bei mir - und es gelang mir nicht, in der Lektüre weit voran zu kommen.

"Fabula rasa" startet überraschend wenig rasant, es ist nicht gleich der erwartete Schelmenroman. Und ja, es wird detailreich erzählt. Aber meine Skespsis war im Falle des Hörerlebnisses sehr schnell vergangen: So großartig sprechen Proschat Madani und auch die Autorin selbst (in kürzeren Stücken) dieses Werk, dass es ein Riesen-Genuss ist, zuzuhören. Viel Wienerisch, facettenreiche Stimmen.
Und so wird auch das Erzählte in seiner ganzen wortgewaltigen und fabulier(!)freudigen Pracht deutlich. Mir hat es eine ganz große Freude bereitet. Ich hatte ständig Angst, es könnte zu früh zu Ende gehen. Und da zahlte sich der Fleiß der Autorin dann aus: Es ist ein richtig schön langes Hörbuch.

Fantastisch finde ich das Spiel mit Dichtung und Wahrheit. Es gibt wohl einen wirklichen Vorbildfall, aber es schient auch so, als ob Vea Kaiser diesen doch eher zum Aufhänger genommen hat - und ihn formvollendet auserzählt, ausspinnt geradezu. Sie spielt mit der Täuschung als Schriftstellerin fast so wie die Protagonistin dies als Buchhalterin tut. Vea Kaiser fingiert das Dokumentarische durch "Gespräche in der Josefsstadt", die sie angeblich mit der im Gefängnis einsitzenden Betrügerin geführt habe. Und sie erdichtet, wie anders das nicht-fiktionale Schreiben sei, als wenn sie sich etwas ausdenken müsste. Dieses Spiel mit den fiktiven "Realitäten" ist ein großer Spaß.

Die Art, wie Vea Kaiser die Mühen der Mutterschaft zeigt, ohne Angelika (meiner Meinung nach) in ihrem Straucheln und in ihren Nöten zu diffamieren, hat mir ebenso sehr gefallen. Ach, Austria, was hast Du es gut, mit Deinen Schriftstellerinnen wie Mareike Fallwickl und eben Vea Kaiser. Ich find's ganz famos.