Antiheldin

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mazapán Avatar

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Normalerweise reicht es, einen einzigen Roman von Vea Kaiser zu lesen, um nach mehr süchtig zu werden. Leider muss man zwischen Buch und Buch einige Jahre warten, bis man erneut zum Vergnügen kommt.

Auf ihren neuesten Roman, "Fabula Rasa", habe ich sehnsüchtig gewartet. Das Thema, Wien, Hotelleben, ist, da war ich mir sicher, perfekt für mich. Und es war es auch, obwohl ich am Anfang der Lektüre nicht mehr daran geglaubt hatte. Ich kann es sogar ganz genau sagen, bis welcher Seite ich das dachte: Seite 60. Bis dahin hatte sich kein richtiges Vea-Kaiser-Feeling eingestellt. Aber dann! Obwohl diesmal ihr Schreibstil anders als bei den anderen Romanen war, und obwohl die Sprache etwas rauer und derber ist, hat es mir sehr gefallen, dass das Familienthema als Wiedererkennungszeichen da war.

"Fabula Rasa" hat definitiv eine außergewöhnliche Protagonistin, eine Antiheldin, die nicht unbedingt Sympathien im Leser hervorruft. Auch die Menschen in ihrer Familie und ihrer Umgebung sind nicht die größten Sympathieträger. Aber darin liegt der Reiz der Geschichte. Ständig wird der Leser auch mit den eigenen Moralwerten konfrontiert, denn Angelika, also diese Antiheldin, überschreit ständig Grenzen, und manchmal könnte man das auch in dem einen oder anderen Fall gutheißen.

Und sehr viel Wien ist auch darin. Mich haben die Beschreibungen der Stadtteile und der Menschen, der "echten Wiener", sehr gut gefallen, darüber hätte ich Ewigkeiten lesen können.

Was ich im Nachhinein erfahren habe: Vea Kaiser hat sich für diesen Roman von einer wahren Geschichte inspirieren lassen. Und zwar von einem Fall, der sich im Hotel Sacher in Wien ereignet hat. Ich war vor ein paar Tagen in Wien! Eine Nacht im Hotel Sacher war nicht drin, aber ein Besuch im Café Sacher wäre möglich gewesen. Leider war das Café bist Januar ausgebucht. Dann ein nächstes Mal. Mein Vea-Kaiser-Postroman-Feeling hatte ich in Wien trotzdem.