Lang, laut, lesenswert?

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klugistgut Avatar

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Ich hatte bisher keinen Roman von Vea Kaiser gelesen – und der Einstieg war für mich durchaus eine kleine Herausforderung. Vielleicht liegt es an meiner norddeutschen Herkunft, aber mit dem Wiener Dialekt und Kaisers sehr eigenen Sprachmelodie musste ich erst zurechtkommen. Nach einigen Anläufen hat mich die Geschichte dann aber doch gepackt: Ein traditionsreiches Wiener Hotel, eine Buchhalterin mit moralischen Grauzonen und ein Verbrechen, das ebenso banal wie tragisch entsteht – das ist klug konstruiert und atmosphärisch dicht erzählt. Kaisers Figuren wirken lebendig und eigenwillig, ihr Blick auf die Welt oft charmant und scharf zugleich. Trotzdem: Der Roman ist sehr umfangreich und hätte an manchen Stellen durchaus etwas Straffung vertragen. Gerade im letzten Drittel verliert sich die Spannung ein wenig im Glanz und Glamour. Insgesamt ein gutes, ungewöhnliches Buch – sprachlich besonders, inhaltlich stark, aber kein Werk, das ich jedem ohne Einschränkung empfehlen würde.