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Vielschichtig, intelligent, witzig

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druckdeufel Avatar

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Angelika Moser sitzt im Gefängnis: Sie hat ihren Arbeitgeber Julius Frohner den Besitzer des Grand Hotels in Wien, um mehr als drei Millionen Euro betrogen. Die Ich-Erzählerin, eine Journalistin, besucht sie insgesamt elf Mal und schreibt ihre Geschichte auf.
Vea Kaiser hat hier einen überaus vielschichtigen Roman geschrieben. Dazu hat sie Personen erfunden, die so wahrhaftig wirken, dass man sie beinahe persönlich zu kennen glaubt. Sie sind keine Helden, sie alle haben ihre Päckchen zu tragen, kämpfen nicht um Sympathie, sondern um kleine oder große Vorteile, die das Leben so bietet. Manchmal geschieht es aus Not heraus, manchmal nicht.
Das führt unweigerlich zur Selbstreflexion, zur Begutachtung des eigenen moralischen Kompasses: Wie weit würde man selbst gehen, wenn sich die Möglichkeit böte, durch strafbares Handeln ein erdrückendes Problem zu lösen? Wo spürt man Verständnis, wo hört es auf? Wo würde man die rote Linie ziehen?
Angelikas Leben ist gespickt voll von überwältigenden Problemen: schwierige Beziehungen, drogengefährdete Freundin, Demenz der Mutter sind nur einige wenige davon. Ihr Beruf als Buchhalterin ist ihr einziger Halt, Zahlen geben ihr Sicherheit, der Rest ihrer Welt ist fragil und unstet. Wie die Autorin über herausfordernde Themen schreibt, zeugt von gigantischem Einfühlungsvermögen. Und sicherlich auch teilweise von eigenen Erfahrungen.
Ein weiteres Talent Kaisers ist ihr Humor. Durch alles, auch durch die tragischsten, verheerendsten Episoden, zieht der sich und verleiht, gemeinsam mit dem wienerischen Klang, dem Ganzen eine überraschende Leichtigkeit. Und wickelt uns auf charmante Art um den Finger, wie am Ende festzustellen bleibt.
Um allen Entwicklungen Raum zu lassen, um aufs Kleinste die verschiedenen Dilemmas auszuarbeiten, braucht es Zeit. Die nimmt sich der Roman. Darauf müssen sich Lesende einlassen.