Wenn Verantwortung zur Versuchung wird

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shilo Avatar

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Ich war schnell mitten im Leben dieser Frau, die zwischen Zahlen, Pflichten und eigenen Träumen hin- und hergerissen ist. Das Grand Hotel Frohner mit seinem Glanz, den gedämpften Stimmen in der Lobby und der strengen Ordnung wirkt so echt, dass ich es förmlich vor mir sehen konnte. Kein Ort aus Märchen, sondern einer, an dem man spürt, wie dünn die Grenze zwischen Schein und Wirklichkeit sein kann.
Angelika Moser, die Buchhalterin, will eigentlich nur alles richtig machen. Doch irgendwann fängt sie an, in den Zahlen zu jonglieren – nicht aus Gier, sondern aus Sorge und vielleicht auch ein bisschen Trotz. Das hat mich sehr berührt, weil es so menschlich ist. Dieser Moment, in dem man glaubt, man könne etwas geradebiegen, und dann merkt, dass man sich verheddert hat.
Vea Kaiser erzählt das feinfühlig und mit einem genauen Blick für Menschen und Orte. Besonders mochte ich, wie sie Wien beschreibt – nicht geschönt, sondern lebendig, mit dem besonderen Ton zwischen Charme und Alltagsmüdigkeit. Zwischendurch blitzen immer wieder kleine, stille Momente auf, die das Ganze auflockern.
Mich hat die Geschichte sehr nachdenklich gemacht: Wie viel Verantwortung kann man übernehmen, ohne sich selbst zu verlieren? Angelika meint anfangs, sie handelt richtig – und doch entfernt sie sich Stück für Stück von sich selbst.
Ein stilles, kluges Buch, das bleibt. 5 Sterne und eine Leseempfehlung.