Wenn verschlossene Türen sich öffnen....

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Eine brutale Gewalttat hat vor über 20 Jahren zerstört, was von einer Familie noch übrig war: Mutter und zwei Töchter tot, der Sohn im Gefängnis und die jüngste Tochter, Libby, damit beschäftigt, ihre Erinnerungen zu verdrängen und damit eigentlich lebensuntüchtig.

Bisher konnte sie ihr einsames Dasein führen, weil sie von einem Hilfefond lebte, der aus Spenden für sie als Überlebende dieser Gewalttat, finanziert wurde. Dass diese Mittel inzwischen fast aufgebraucht sind, führt dazu, dass Libby sich Gedanken über ihren Lebensunterhalt machen muss. Nicht wirklich lebenstüchtig, wie sie ist, kommt Arbeit für sie nicht in Frage. Also versucht sie weiterhin Kapital aus dem ihr widerfahrenen Unglück zu schlagen. Jetzt ist das aber nur noch möglich, wenn sie der Vergangenheit und der Rolle, die sie darin gespielt hat, wirklich ins Gesicht schaut. Bisher hat sie das vermieden, wollte sich nicht erinnern, wollte ihre Erinnerung nicht in Frage stellen.

Da sie dies nun gezwungenermaßen doch endlich tut, kommt sie zu überraschenden Erkenntnissen und Entwicklungen. Sooo eindeutig sind die Beweise für die Schuld ihres Bruders gar nicht. Im Gegenteil, da tauchen plötzlich noch viele mögliche Verdächtige auf. Da ist der lange abgelehnte Begegnung mit dem Bruder gar nicht so schrecklich, sondern eher heilsam. Aber wenn ihr Bruder nicht der Täter war, warum hat er dann nichts getan um seine Unschuld zu beweisen? Wie reagiert der wirkliche Täter, wenn alle Ereignisse wieder aufgewühlt werden? Begibt sich Libby in Gefahr?

Die Gestaltung des Covers steht in unmittelbarem Zusammenhang zu dem Inhalt: Verschlossene Türen werden geöffnet.  Libby hat alles fest in ihrem Unterbewusstsein verschlossen, was jetzt langsam herauskommt. Dies führt dazu, dass auch andere Personen Türen öffnen müssen. Vielleicht auch die zu Bens Gefängniszelle?

Das Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite gut und spannend geschrieben. Die ganze schwierige Situation der Familie Day damals und heute wird glaubwürdig und einfühlsam beschrieben. Obwohl der Leser manche Dinge schnell ahnen kann, wird er von neuen Entwicklungen immer wieder überrascht. Auch diese sind glaubwürdig dargestellt.

Besonders beeindruckt hat mich das Ende: Für Libby und den Leser ist zwar alles aufgeklärt, es sind Türen geöffnet worden, die Libby und anderen einen Weg in eine Zukunft eröffnen, aber ob alle diese neuen Chancen nutzen können, steht nicht fest. Es ist kein "Heile-Welt-Ende", sondern ein hoffnungsvoller Ausblick. Besonders Libby hat persönlich eine Entwicklung zum Positiven hin gemacht, sie kann sich eine Zukunft vorstellen. Und das ist mehr, als sie zum Beginn des Buches konnte.

 

 

 

meldsebjon