Die Vergangenheit ist nie vergessen

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Die Seniorenresidenz Babbington Hall ist ein wahres Paradies für den Lebensabend. Florence Butterfield, genannt Florrie, fühlt sich hier sehr wohl. Doch dann stirbt ein Mitbewohner durch einen Unfall und kurz darauf stürzt sich die Heimleiterin Renata aus dem Fenster. Florrie kann das alles nicht glauben und denkt nach. Zuerst über ihr eigenes bewegtes Leben. Und nebenbei beginnt sie, heimlich Nachforschungen anzustellen.

Dieses Buch ist fast schon ein ganz neues Genres. Es gibt einen Kriminalfall, der aufgelöst werden möchte, aber viel mehr geht es um Lebenswege, Schicksalsschläge und Geheimnisse. Da Florrie weit über Achtzig ist, kann sie auf sehr viel davon zurücksehen. Die eingefügten Erinnerungen sind wie der Rest sehr geruhsam erzählt, nicht immer spannend, aber bewegend und zum Nachdenken anregend. Susan Fletcher lässt Florrie erzählen und so passt sich die Sprachmelodie diesem hohen Alter und dieser großen Lebenserfahrung mit nicht nur schönen Zeiten auch an. Daher sollte man sich darauf einstellen und auch einlassen, dass hier kein Actionkrimi geliefert wird, sondern die Weisheit des Alters und der Ruhe zum Tragen kommen.

In sich gekehrt und still trotz ihres ereignisreichen, bewegenden Lebens stellt Florrie eine ganz besondere Person dar. Es wirkt widersprüchlich, ist aber absolut stimmig, wie man am Ende erkennt. Florrie muss man einfach mögen und auch viele der anderen Figuren sind umwerfend, allen voran die Pflegerin. Aber auch Florries Mitstreiter Stanhope, die Ellwood-Schwestern und Pastor Joe sind der Autorin bezaubernd gelungen. Dass Florrie ein Bein verloren hat und die sich nicht jeder das Wohnen in der Residenz leisten kann, sind weitere Punkte, die den Leser in eine andere Welt entführen. Der Kriminalfall wird gemächlich und in Ruhe beleuchtet, die Lösung erschreckend und erstaunlich, aber absolut stimmig.

Noch bin ich sehr viel jünger als Florrie, dennoch mag ich die aktuellen Cozy-Crimes rund um die netten Rentner-Gangs sehr. Dennoch schafft es dieses Buch nicht ganz auf fünf Sterne. Obwohl mir das Zusammenspiel der Lebenserinnerungen von Florrie und ihren Überlegungen zu den Vorfällen in Babbington Hall gefallen, fehlt mir etwas, das ich gar nicht mal richtig greifen kann. Dennoch wurde ich bewegend und gut unterhalten und gebe daher vier Sterne.