Gesellschaftliche Verflechtungen

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In Erwartung einer mitreißenden, spannenden Lektüre über Menschen, die aufgrund ihrer Religion vor den Nationalsozialisten fliehen mussten und die die Aufgabe bekommen haben, am Ende der Welt ein Grandhotel einzurichten, wurde ich enttäuscht.
Entgegen der Zusammenfassung im Klappentext - die Hoteleinrichtung als großes Projekt - wird diese innerhalb von wenigen Kapiteln (das Buch hat weit über 50!) mehr nebenbei abgehandelt. Eher einer Mitteilung gleich, denn der Schilderung einer großen Aufgabe. Daraufhin habe ich mich gefragt, was wohl auf den restlichen Seiten abgehandelt werden würde. Die Antwort ist mir das Buch schuldig geblieben, denn ich habe es wegen unglaublicher Langeweile nicht zu Ende gelesen. Bis Seite 307 von ca. 375 bin ich gekommen.

Als Einstieg in die Darstellung der Charaktere finden wir die beiden Protagonisten an Bord eines Schiffes nach Buenos Aires wieder. Sie haben sich in der Bibliothek niedergelassen. Der eine um seine Buchhaltung auf Vordermann zu bringen, der andere um über seine Vergangenheit zu philosophieren und dieselbe in ein Kassenbuch niederzuschreiben.
Das las sich unterhaltsam und wurde richtig spannend, als der Leser mit den ganz großen Künstlern aller künstlerischen Sparten der Moderne konfrontiert wurde, mit denen unser Protagonist in seiner Lernphase zum Thema Innenarchitektur in Berührung kam.

Nach Ankunft in Buenos Aires und später dann in Patagonien findet sich der Leser in ausufernden Schilderungen gesellschaftlichen Lebens wieder. Mit all seinen klischeehaften Facetten einer Oberschicht mit enorm viel Geld.
Darunter war es für mich als Leserin nicht auszumachen, welchen Platz unser Protagonist einnimmt, noch welchen Verlauf die Geschichte nehmen wird. Befindlichkeiten über Befindlichkeiten und Spekulationen über Spekulationen. Es nahm kein Ende.

Schließlich habe ich die Lektüre vorzeitig beendet. Um nicht einen kompletten Verriss zu schreiben, möchte ich auf die lebensnahen Charaktereigenschaften der vielen Personen eingehen, die alle gut getroffen sind. Ihr Verhalten ist nachvollziehbar und wirkt echt. Auch emotionale Zwänge werden verständlich geschildert. Und das ganze in einem gut lesbaren Schreibstil.

Wer Spaß an gesellschaftlichen Zwängen und Nöten hat, der ist bei dieser Story gut aufgehoben. Auch wenn die Wandlungen mancher Charaktere eher flach bleiben.
Dieses Buch ist etwas für Interessierte, die sich in vergangene Gesellschaftsformen hineinfinden möchten.