Spagat

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heidersv Avatar

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Jana Revedin versucht/begeht mit ihrem Buch „Flucht nach Patagonien“ einen Spagat zwischen den tatsächlichen Lebenslinien des Jean-Michel Frank und ihrem gleichnamigen Protagonisten. So richtig gut gelungen ist ihr das nicht. Ok, die anfänglichen autobiografischen Daten, die ihr Jean-Michel auf der Überfahrt nach Argentinien schreibt, stimmen, alles andere wäre ja auch Unsinn gewesen. Auch seine Förderin und Gönnerin Eugenia Errazuriz ist eine historische Person. Ja, und hier wird der Spagat gefährlich. Wenn es alle diese Personen und die vielen vielen weiteren Prominenten tatsächlich gab, dann muss man sehr aufpassen, keinen Unsinn zu schreiben. Zwei erste Beispiele: der tatsächliche Jean-Michel ist tatsächlich mit Anne Frank verwandt. Aber muss der Jean-Michel in diesem Buch seiner 8jährigen Nichte bereits schriftstellerisches Talent und reife Ausdruckweise bescheinigen? Muss er in Patagonien Walt Disney treffen? Weil „Bambi“ als Realfilm geplant ist?
Und dann wird es richtig ärgerlich in Argentinien, wohin Eugenia ihn 1937 mit einem Großauftrag gelockt hat. Im Kontext des Buches will sie ihn, den homosexuellen, gehbehinderten Juden weit außerhalb der Reichweite der Klauen der Nazis wissen. Doch die sind schon da und es ist Eva Braun, die dort bereits die Fäden zieht. Mal ganz ehrlich: 1937? Eva Braun? Argentinien? Prominente Nazifrau? Das ist eindeutig zu viel des Guten, das ist Blödsinn, da rettet auch keine künstlerische / schriftstellerische Freiheit diesen Unsinn. Schade!