In der Kürze liegt die Würze

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anka_trini Avatar

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Ich habe bisher jeden Roman von Katharina Hagena gelesen. Gut, "Flusslinien" ist auch erst der vierte und die Autorin veröffentlicht wirklich nur alle paar Jahre ein neues Buch. Ich weiß zum Beispiel noch, wie ich 2018 am letzten Tag meines Studiums in die Buchhandlung bin, um "Das Geräusch des Lichts" zu kaufen, was kurz davor als Taschenbuch erschienen war (das Hardcover gabs natürlich schon ein oder zwei Jahre vorher).
Jetzt ist also schon 2025 und endlich ist ein neues Buch von Hagena erschienen! Es ist keine Lüge, dass ich wirklich mindestens einmal im Jahr gegoogelt habe, ob bald etwas Neues von ihr erscheinen würde.
Umso glücklicher war ich also, als "Flusslinien" angekündigt wurde. Und nochmal glücklicher war ich, als ich das Rezensionsexemplar auf goodreads gewonnen habe.

Leider hat mich "Flusslinien" aber in keiner Weise so begeistert wie ihre früheren Werke. Klar, die Sprache ist wieder FANTASTISCH! Ich habe mir wirklich sehr viele wunderschöne Zeilen markiert. Aber bei einem Roman, der fast 400 Seiten misst, brauche ich mehr als nur einen Hauch von Plot und schöne Worte.
Das bringt mich zu meinem Hauptkritikpunkt: Der Roman ist einfach viel zu lang! Man hätte mindestens 100 Seiten, eher noch 150 Seiten kürzen können und es wäre ein um Längen (oder auch nicht, weil kürzer haha) besseres Buch geworden.
In diesem Buch gibt es mehrere "Geheimnisse":
1.) Wieso hat Luzie die Schule abgebrochen?
2.) Was ist mit Arthurs Bruder passiert?
3.) Und Margrit an sich ist sowieso ein komplettes Geheimnis für mich (geblieben).
Und es dauert wirklich bis mindestens Seite 340, bis wir endlich erfahren, was sich alles abgespielt hat. Und die Auflösung ist... Nun ja, sagen wir mal so: enttäuschend. Vor allem Luzies Geschichte hat mich genervt. Es gibt da eine Stelle, in der sie explizit sagt, dass sie kein Opfer sei. Ich kaufe ihr das nicht ab, denn im Endeffekt hat der Schulabbruch und der relativ fadenscheinige Grund dafür in meinen Augen einfach zementiert, dass sie eben doch ein Opfer ist. (Und generell begreife ich eh nicht, weshalb Hagena anscheinend denkt, dass man nicht gleichzeitig ein Opfer und eine emanzipierte Frau sein kann.)

Jezt noch ein paar Details, die mich gestört haben:
- Rana. Bzw. wie und worüber Luzie mit ihr spricht. Generell dieses oberflächliche Gerede über Religion, Feminismus, Rassismus und den Zwiespalt, in dem sich Rana bewegt.
- Wieso ist Luzie in Bezug auf Merle so ein "Fußabstreifer" und lässt sich alles gefallen? Es hat mich SO WÜTEND gemacht.
- Wieso muss Arthur so alt sein? Oder wieso ist Luzie nicht wenigsten 19 oder 20. Mit Luzies Hintergrundgeschichte finde ich die Entscheidung extrem fragwürdig, dass ihr love interest sechs Jahre älter ist.
- Witz werden erklärt. So viel Vertrauen muss man schon in seine Leser*innen haben, dass man ihnen zutraut, einen Witz zu verstehen.
- generell wurde mit dem Thema Vergewaltigung meiner Meinung nach sehr unsensibel umgegangen

TW: Vergewaltigung, sexuelle Belästigung