Anna und Fritz ermitteln wieder

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missjanemarple81 Avatar

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Meine Meinung:
In einem Schwabinger Hinterhof wird ein totes Neugeborenes gefunden. Anna assistiert bei dessen Obduktion und ist schwer erschüttert. Niemand scheint die Mutter zu kennen, niemand hat etwas gesehen und keinen scheint das Schicksal des Kindes zu interessieren. Somit sehen sich Anna und Fritz gezwungen selbst zu ermitteln. Dabei tauchen sie tief in die Schwabinger Abgründe ein und besonders Anna erlebt Dinge, von denen sie nie geträumt hätte.

Ich war wieder von der ersten Seite an gefangen im München Anfang des 1. Weltkriegs. Es zeigen sich langsam die Auswirkungen der Mobilmachung, Männer und deren Arbeitskraft fehlt, die Armut wird größer, die Zuversicht auf einen baldigen Sieg schrumpft, die Listen der Verletzten, Vermissten und getöteten Soldaten wird immer länger. Und in Schwabing gibt es immer mehr Spitzel, die das aufmüpfige Künstlergschwerl unter die Lupe nimmt und gegebenenfalls den Einberufungsbehörden meldet.

Petra Aicher hat auch in diesem Band wieder wundervoll das München der damaligen Zeit eingefangen und anhand von Anna und Fritz die Probleme der jeweiligen Gesellschaftschichten geschildert. Die Ängste und Sorgen, aber auch die Widerstandskraft, das "Nichtaufgebenwollen" der Bevölkerung.

Anna muss, neben der ereignisreichen Ermittlungen zum Kindstod, erkennen dass ihrer Schwester Franzi durch deren Gönnerin Christiane von Arnsberg ganz andere Möglichkeiten offen stehen, als ihr selber. Und sie muss erkennen, dass sie für Franzi, die jetzt ein Fräulein ist, ihr Wissen nicht mehr ausreicht.

Fritz sieht sich mit der kriegswirtschaflichen Politik seines Schwiegervaters konfrontiert und versteht nicht, wie man sich am Elend der Anderen auch noch bereichern kann.

In all diesen Wirren entwickeln sich die beiden Charaktere enorm weiter und ihre Freundschaft weicht großem Vertrauen. Doch beide ahnen nicht, wie nah sie dadurch dem Mörder kommen.

Ich mag die ruhige unaufgeregte Art, wie die Autorin die Geschichte erzählt und dennoch der Spannungsbogen zum Finale stetig ansteigt. Es ist einfach realistischer für diese Zeit, dass tage-, wochen- oder auch monatelang nichts gravierendes für die Ermittlungen geschieht. Doch dann kurz vor der Lösung haut es einem die einzelnen Puzzleteile nur so um die Ohren und ein ganz neues, anderes und unerwartetes Bild erscheint. Für mich eine hohe Kunst des Krimis.

Der Schreibstil ist angenehm leicht und einfach zu lesen, wobei hier wert gelegt wird, dass man an der Sprache die einzelnen Schichten der Münchner Gesellschaft erkennt.

Fazit:
Dieser Teil von Fräulein Anna hat mir sogar noch besser gefallen, als der Erste, bei dem ich die einezelenen Charaktere erst kennenlernen musste!
Hoffentlich wird die Reihe fortgesetzt! Eine absolute Leseempfehlung von mir!