Historisches Krimiabenteuer mit charmanten Ermittlerduo

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Mir hat der erste Band von ‚Fräulein Anna‘ bereits sehr gefallen und Teil zwei stand dem Reihenauftakt in nichts nach… im Gegenteil… mich hat das zweite Buch sogar noch ein bisschen mehr begeistert.

Im Gegensatz zum ersten Teil, der sich über einen Zeitraum von rund zwei Jahren erstreckte, spielt sich die Handlung von Band zwei in einem Zeitrahmen von ca. 3 Monaten im Jahr 1914 ab.
Bei dieser Reihe beeindruckt mich sehr, wie die Autorin eine großartige Mischung schafft aus der Erzählung eines Kriminalfalls einerseits aber auch einer plastischen Beschreibung der Gesellschaftssituation andererseits. So werden nicht nur die Auswirkungen des Krieges immer wieder in die Handlung eingewoben, auch die Stellung der Frauen sowie die Unterschiede zwischen Bürgertum und Adel spielen wichtige Rollen in der Geschichte.

Letzteres wird natürlich vor allem durch die beiden Protagonisten Anna Zech und Friedrich von Weynand widergespiegelt. Mir hat die Dynamik dieser beiden Figuren so gut gefallen! Die Besonderheit dieser Freundschaft, die eben (bislang) auch nur das ist… eine tiefe, von Respekt und Wertschätzung geprägte Freundschaft… ist das Herzstück dieser Reihe.
Beide Figuren haben eine schöne und authentische Entwicklung durchgemacht. Anna ist durch ihre Arbeit aufgeblüht und weiß sich selbstbewusst zu behaupten. Der verbale Schlagabtausch zwischen ihr und Fritz hat mich jedes Mal zum Schmunzeln gebracht. Besonders berührt hat mich aber Fritz‘ Stroyarc, denn hinter seiner zynischen Fassade verbirgt sich eine durch und durch sanfte Seele, dem die Doppelmoral seiner Gesellschaftsschicht zutiefst zuwider ist.

Unheimlich gut gefallen hat mir auch der Kriminalfall, der dichter und komplexer erzählt ist als im ersten Buch. In diesem Band arbeiten Anna und Fritz auch deutlich enger zusammen und es hat mir viel Spaß gemacht, die beiden bei ihren Ermittlungen zu begleiten. Es gibt einige überraschende Wendungen und einen spannenden Showdown. Auch hat mir gefallen, dass im Zuge der Ermittlungen u.a. die Themen Homo- und Transsexualität mit den entsprechenden gesellschaftlichen Vorbehalten der Zeit besprochen wurden. Insgesamt zieht sich die (Doppel-)Moral der Gesellschaft wie ein roter Faden durch die Geschichte.

Fazit. ‚Fräulein Anna‘ gehört definitiv zu meinen Lesehighlights des Jahres. Beide Teile der Reihe punkten für mich durch ihre Mischung aus Krimi und historischem Gesellschaftsroman sowie den beiden charmanten Protagonisten - gewürzt mit genau der richtigen Portion Lokalkolorit, die auch einem Nordlicht wie mir das bayrische Leben dieser Zeit nahe bringt. Unbedingte Leseempfehlung!