Ein Buch, das man nicht mehr weglegen möchte

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Sofort war ich vom besonderen Schreibstil begeistert. Sehr anschaulich mit vielen bildhaften und außergewöhnlichen Vergleichen schafft es Anne Stern, den Leser mit der Geschichte um die Hebamme Hulda Gold zu begeistern. Sie begleitet ihre Patienten vor, während und nach der Geburt. Durch Zufall erfährt sie vom Tod einer Bekannten einer ihrer Patientinnen und fängt an, Nachforschungen anzustellen, da ihr Schicksal sie nicht mehr loslässt. Dabei gerät sie immer wieder an den Kommissar Karl North, der von ihrem Einmischen nicht begeistert ist.

Durch Huldas Perspektive erfährt man viel von ihrer Arbeit und ihrem Leben. Man taucht völlig in ihre Welt und in das Berlin rund um den Winterfeldplatz ein. Als alleinstehende Frau in Berlin 1922 geht sie gewissenhaft und mit viel Herz ihrer Arbeit nach, interessiert sich für das Schicksal ihrer Mitmenschen und muss sich manchmal von ihrer neugierigen Wirtin ausfragen lassen. Hulda ist eine starke Persönlichkeit mit viel Engagement und Positivität, wodurch sie leicht ausgenutzt oder auch mal in Gefahr geraten kann. Trotzdem behauptet sie sich im Leben und gegenüber anderen.

Ergänzt wird Huldas Sichtweise mit der des Ermittlers Karl North im Fall der ertrunkenen Frau namens Rita im Landwehrkanal. Neben der Ermittlungsarbeit bekommt man auch einiges über ihn persönlich erzählt. Er ist ein Mann, der seinen Platz im Leben bereits gefunden hat, aber dennoch mit seiner Vergangenheit hadert und oft grübelt. Er könnte ein wenig selbstbewusster sein, ist aber durchaus sympathisch.
Abgerundet werden die beiden gegensätzlichen Perspektiven mit Auszügen aus Ritas Tagebuch. Dies steigert die Spannung im Kriminalfall und ermöglicht Einblicke in ihr Leben und was zu ihrem Tod geführt hat.

Der Fokus der Geschichte liegt auf den Ermittlungen im Todesfall, lässt aber auch sehr viel Raum, um das Leben in Berlin in Huldas Viertel lebendig werden zu lassen. Vor allem wird einem bewusst, wie es den armen Menschen dieser Zeit ergangen ist und jenen, die auf der Straße lebten. Neben Hulda sind auch ihr Freund aus Kindertagen und der Zeitungsverkäufer Bert dreidimensional gezeichnete Figuren, die eine große Bedeutung für Hulda haben. Ihre Tätigkeiten als Hebamme stehen etwas im Hintergrund, dennoch ist Huldas Leben anschaulich und realtitätsnah mitzuverfolgen. Es ist sehr spannend und aufregend, sodass ich das Buch kaum weglegen konnte und gerne wissen wollte, was als nächstes passiert. Am liebsten würde ich sofort den zweiten Band um Hulda Gold Scheunenkinder (Band 3 Der Himmel über der Stadt) beginnen.

Fazit:

Eine packende Handlung und ein außergewöhnlicher Schreibstil mit bildhaften Vergleichen, der das Berlin im Jahr 1922 lebendig werden lässt, machen dieses Buch zu einem gelungenen Auftakt der Reihe um die Hebamme Hulda Gold. Vor allem das Leben der Armen und Obdachlosen im Elendsviertel begegnen der sympathischen Hebamme, die unerschrocken dem Tod der Nachbarin einer ihrer schwangeren Frauen auf den Grund geht und dabei auch mal mit dem Kommissar aneckt.