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missmarie Avatar

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"Heute hat sich unsere wunderschöne Kurstadt offiziell mit dem Beginn des großen internationalen Turniers zur Welthauptstadt des Schachs erklärt!"

1925 findet in Baden-Baden ein großes Schachturnier mit international bekannten Spielern statt. Bewohner wie Gäste sind in Aufruhr und besuchen die größeren Spiele in den renommierten Hotels der Stadt. Offensichtlich, dass sich auch der ein oder andere Langfinger hier einschleust und sein Glück mit Taschendiebstählen versucht. Alma, das Fräulein vom Amt, ermittelt im dritten Band der Reihe aber in einem ganz anderen Fall: Die Cousine einer Kollegin wurde tot in einer Wäschetrommel an ihrem Arbeitsplatz gefunden. Die Polizei geht davon aus, dass Gertrude Selbstmord begangen hat. Doch weder Cousine Friederike noch Gertrudes Kollegin Käthe können sich vorstellen, dass die junge Frau sich das Leben nehmen wollte. Wieder einmal nimmt Alma die Ermittlungen auf und bügelt damit Fehler aus, die die Polizeiermittler gemacht haben. Und schon bald zeigt sich, dass die Diebstähle und der Tod des Mädchens vielleicht doch zusammenhängen.

Stärker als in den beiden Bänden davor lassen die beiden Autorinnen, die unter dem Pseudonym Charlotte Blum die Wohlfühl-Krimi-Reihe verfassen, historische Ereignisse einfließen. Nicht nur das Radio nimmt 1925 langsam Einzug in die privaten Haushalte, auch das politische Klima spitzt sich zu. So begegnet Alma immer wieder Deutschnationalisten und Kommunisten, die ganz unterschiedliche Auffassungen über die politische Zukunft der jungen Republik haben. Auch die kulturellen Bezüge - Schallplatten, Bücher, Erfindungen - sind von den Autorinnen wieder gut recherchiert. Im Glossar im Anhang gibt es darüber hinaus einige Tipps, wie und wo man weiter über Literatur und Musik der 1920er Jahre lesen kann. Leider geht dieses Detailreichtum zu Lasten der Krimihandlung. Die Auflösung wirkt eher willkürlich als überraschend und wie die arme Gertrude in die verschlossene Waschtrommel gelangt ist, wird leider gar nicht aufgeklärt. Ebenso stellt sich am Ende die Frage, ob die Polizei aus Nettigkeit die Existenz von Diebesbanden einfach ignorieren kann und auch die Rolle der beiden weiblichen Schachprofis, die eher als schmückendes Beiwerk im Roman auftauchen, erschloss sich mir nicht.

Insgesamt ist "Fräulein vom Amt - Spiel auf Leben und Tod" ein netter Zeitvertreib mit großem Wohlfühlcharakter, kommt aber in Bezug auf den Kriminalfall nicht an die großen Krimiklassiker heran.