Ein Leben in der Finsternis

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buecherfan.wit Avatar

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Im Mittelpunkt des Romans “Frau mit Messer“ der südkoreanischen Autorin Byeong-Mo steht eine 65jährige Frau, die sich Hornclaw nennt und seit 45 Jahren für eine Agentur für Schädlingsbekämpfung arbeitet, deren Mitbegründerin sie einst war. Als Schädlinge werden Menschen bezeichnet, die andere verärgert haben oder ihnen im Weg sind und von den Mitarbeitern der Agentur gegen Bezahlung aus dem Weg geräumt werden. Hornclaw ist so unauffällig und unscheinbar, dass sie in der Öffentlichkeit morden kann, ohne jemals aufzufallen. Die Spezialistin hat weder Verwandte noch Freunde. Sie lebt allein mit ihrem Hund Deadweight, den sie mehr schlecht als recht versorgt. Inzwischen fragen sich nicht nur die Kollegen, ob es nicht an der Zeit ist aufzuhören. Wenn sie einen Fehler macht, riskiert sie ihr Leben und schadet dem Ruf der Firma. Besonders der junge Kollege Bullfight hat es auf sie abgesehen. Er nennt sie respektlos „Omi“ und begegnet ihr mit Ablehnung und offener Feindseligkeit. Hornclaw bemerkt, dass er ihr bei Aufträgen hinterherspioniert, um sie bei Fehlern zu erwischen. Es dauert lange, bis sie begreift, mit wem sie es zu tun hat, als ihre neue Zielperson ausgerechnet zu einer Familie gehört, für die sie so etwas wie Zuneigung empfindet, was nur Bullfight beobachtet haben kann. Ihr Leben lang hat sie ohne Bedauern und Schuldgefühle gemordet. Jetzt entwickelt sie zunehmend Empathie, was das Risiko gefährlich erhöht.
Ich habe den Roman gern gelesen, zumal er auch kritische Einblicke in die südkoreanische Gesellschaft gewährt, vor allem die Stellung der Frau. Die Charaktere sind sorgfältig gezeichnet, wobei ich mich gewundert habe, wie sympathisch mir die Serienmörderin Hornclaw war. Rückblenden in ihre Kindheit und Jugend zeigen, warum sie diesen Weg gegangen ist. Ein interessanter, sehr empfehlenswerter Roman.