Interessante Idee, schwache Umsetzung

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„Fremder“ von Moa Graven ist im normalerweise recht beschaulichen Ostfriesland angesiedelt. Doch die Idylle wird durch einen grausigen Fund zerstört. Auf der Rückfahrt von ihrem wöchentlichen Einkauf in Aurich finden Johann und Talea Schmees auf der Landstraße einen Sack gefüllt mit Leichenteilen. Die Ermittler Jan Krömer und Lisa Berthold machen sich auf die Suche nach dem Täter und blicken dabei in die Abgründe des Menschen…

Nachdem ich „Fremder“ gelesen haben, bin ich leider sehr zwiegespalten, was diesen Krimi angeht. Die Leseprobe hatte mir eigentlich sehr gut gefallen, war sie doch ein sehr packender Auftakt und versprach einen spannenden Krimi. Besonders die ersten Seiten, welche den Täter mit den Worten „Er entschied sich, böse zu sein“ einführen, haben mich direkt gefesselt. Doch dieses Gefühl konnte sich über den Rest des Buches leider nicht halten.

Zunächst einmal wurde ich mit den zwei Ermittlern Jan Krömer und Lisa Berthold nicht so richtig warm. Ich muss zugeben, dass dies mein erstes Buch von Moa Graven war und so kann es sein, dass ich mich vielleicht besser mit den Charakteren hätte identifizieren können, wenn ich auch die Vorgängerbände von ihr gelesen hätte. Aber so blieben die beiden irgendwie blass und ihr Verhalten war teilweise merkwürdig. Sie wohnt bei ihm auf dem Hof, die beiden sind aber eigentlich kein Paar, haben aber in gewisser Weise doch Gefühle füreinander? Das Privatleben der beiden erschien mir doch sehr verwirrend.
Auch ihre Ermittlungsarbeit ist da nicht unbedingt besser. Lisa und Jan haben auf der Suche nach dem Täter keine wirklichen Anhaltspunkte und so kommen sie auch in dem Fall nicht weiter. Es wird viel über den Täter und seine Motivation spekuliert, wahllos ein paar Leute befragt und dann geht es nach wenigen Stunden auch schon wieder nach Hause zum Entspannen auf der neuen Gartenbank.
Ähnlich wie die Ermittlungen plätschert dann auch der Krimi dahin. Einziger Lichtblick waren für mich die Kapitel aus Sicht des Mörders, welche immer mal wieder eingestreut wurden und so ein wenig für Spannung und Gruseln gesorgt haben.

Ein weiteres Problem war für mich, dass auf den laut Beschreibung knapp 260 Seiten viel zu viele unterschiedliche Themen angerissen werden. Die Ermittler erhalten mit Helif Number einen angeblichen Asylbewerber als Praktikanten, welcher eigentlich gar keiner ist und nur aus politischen Gründen als solcher inszeniert wird. Dieser sieht sich dann auch nach kurzer Zeit bereits massiven Anfeindungen aus der Gemeinde ausgesetzt. Hier wird ein interessantes und auch wichtiges Thema angesprochen, was jedoch mit der eigentlichen Handlung des Krimis und den Morden rein gar nichts zu tun hat! Auch weitere Probleme wie die Massentierhaltung oder der Rückgang der Kleinbauern werden immer wieder kurz angesprochen und kritisiert.

Den schizophrenen Massenmörder können Lisa und Jan dann letzten Endes auch noch finden. Zwar beruht die Aufklärung des Falls mehr auf einer Aneinanderreihung von Zufällen als auf richtiger Ermittlungsarbeit aber immerhin ist Ostfriesland nun wieder sicher. Ich fand es sehr schade, dass die Lösung des Falls auf den letzten Seiten so schnell abgehakt wird. Hier hätten es für mein Dafürhalten gerne noch ein paar Seiten mehr sein dürfen! Auch das Profil des Täters und seine Motivation werden meiner Meinung nach nur unzureichend beleuchtet.

Insgesamt weist „Fremder“ durchaus einige gute Ansätze auf. Die Idee an sich war nicht schlecht und an einigen Stellen auch recht spannend, nur an der Umsetzung hat es dann doch teilweise gemangelt. Der Schreibstil war etwas platt, die Charaktere zu blass und das Buch zu kurz für die Fülle an Themen.
Leider kann ich „Fremder“ nur 2 von 5 Sternen geben!