Eine Ode an die (moderne) Freundschaft!

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Freunde Lieben - der Name ist Programm. In seinem Sachbuch über Freundschaft singt Ole Liebl, sprachlich gewandt, faktenbasiert und mit der nötigen Portion Humor eine Ode an die Freundschaft. Freundschaft kann dabei fast alles sein: rein "platonisch", wie man früher gesagt hätte. Aber auch intensiv, sexuell, mit Verpflichtungen (oder ohne Verpflichtungen).

Die Message des Buches hat mich an das privatrechtliche Prinzip der Vertragsfreiheit erinnert, sodass ich es gerne als " Prinzip der Freundschaftsfreiheit" beschreiben möchte. Jegliche Ausgestaltung von Freundschaft, kann für die Parteien fruchtbar sein, solange beide Parteien mit dieser Ausgestaltung einverstanden sind. Die Ausgestaltung einer Beziehung im Rahmen einer Freundschaft ist etwas Bereicherndes, kann Sicherheit und tiefe Verbindungen fördern und sollte gesellschaftlich in allen ihren Formen Platz finden. Es gibt kein entweder/oder in Freundschaft bzw. Partnerschaft. Trotzdem, sollte Sensibilität über die Voraussetzungen der Freundschaft Plus geschaffen werden, damit sie ihre bereichernde Wirkung entfalten kann.

Nach meinem kurzen Ausblick, möchte ich die Hard Facts verhandeln: Das Cover macht Lust auf mehr. Die Gestaltung ist bunt, modern und die Grenzen der Farben verschwimmen ineinander zu einem harmonischen Ganzen. So ist es ansprechend und spiegelt die Atmosphäre des Buchs und seinen Blick auf die Freundschaft wieder.

Der Schreibstil war für mich ideal: leicht, aber informationsgeladen ( jedoch nicht überladen).

Ole Liebl ist zudem unglaublich lustig. Ich habe das Buch im Urlaub gelesen (mit meinen Freunden!) und zwischendurch laut gelacht. Die Zeile auf S. 15 z.B, in der es um die einflussreiche RomCom " Friends with Benefits" geht, beschreibt Ole Liebl so treffend, dass ich sie in der Gruppe vorlesen habe: "Timberlake muss etwa alle 20 Minuten völlig aus dem Nichts heraus singen, damit auch jede:r klar wird dass hier ein sehr berühmter Popsänger auf der Leinwand zu sehen ist.". Die Länge des Buches ist auch top, es hat keine längen und liest sich gut weg.

Inhaltlich möchte ich einige Punkte explizit und damit Gründe herausstellen, warum ich dieses Buch empfehlen möchte.

1. Das Buch schließt eine Wissenslücke:

Wir wissen nicht genug über Freundschaft . Das ist eines der Dinge, die ich mitgenommen habe. So krankt eine fundierte Definition der freundschaftlichen Beziehung schon daran, dass wir sie genau wie eine partnerschaftliche Beziehung minus sexueller Interaktion spezifizieren.

Von Seite zu Seite war ich faszinierender, was Liebl mir von popkultureller Prägung bis, psychologisch-historischem Hintergrund über unsere momentane Einstellung zum Thema Freundschaft und Freundschaft Plus offenbarte.

Dass man viele Informationen aufnimmt fühlt sich nicht belastend oder beschwerend, sondern erleichternd an. Wie ein Rätsel, dass Ole Liebl mit mir löst und, dass die Antwort darauf gibt, warum wir einen bestimmten Blick auf Freundschaft Plus, Freundschaft grundsätzlich und die partnerschaftliche Beziehung haben.

2. Das Buch zeigt auf, wie sexistisch patriarchal und homophob unsere Gesellschaft geprägt ist und öffnet unsere Horizont.

Der Autor beschreibt die Freundschaft Plus grundsätzlich am Modell einer heterosexuellen "Freundschaft Plus". Dadurch, dass Liebl aber gerade, um den Wandel innerhalb unserer Beziehungen immer wieder auf Learnings von "den Queers" (vgl. Selbstbeziehung von Liebl auf S. 28) zurückgreift, wird auch klar, wie viel "Freundschaft" im modernsten Sinne und verloren gegangen ist, weil wir uns als patriarchale Gesellschaft gegenüber den Erkenntnissen aus queeren Beziehungen verschlossen haben. Diese zeigen oft auf, wie vielfältig freundschaftliche Beziehungen sein können.

3. Das Buch kann Deinen Beziehungen und den Beziehungen Deiner Freunde helfen

Das Buch hat geholfen, meine Beziehungen und die Beziehungen meiner Freunde besser zu verstehen. Durch die Hintergründe, die Verknüpfungen und den interdisziplinären Zugang an die Freundschaft plus, kann ich meinen Horizont erweitern. Ich kann auch, insbesondere aus den Learnings aus der quereen Szene, offener und hoffnungsvoller auf die oft verpönte und insbesondere zum Scheitern verurteilte Freundschaft Plus blicken und eine emphatischere Freundin sein, die verurteilete Beziehung oft (noch) nicht richtig verstanden hatte.

Danke, lieber Ole!