Interessante, aber teilweise wirre Darstellung der Beziehungsform F+

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"Über die Bedingungen der sexuellen Freundschaft nachzudenken, heißt, über die Bedingungen der modernen Liebe nachzudenken."

Ole Liebl nähert sich in seinem Buch "Freunde lieben" einem Thema, das viele als unvereinbar sehen: Freundschaft und Sex. Es ist eine Beziehungsform, die bei uns gerne als Freundschaft Plus (F+) bezeichnet und immer häufiger gelebt wird. Ole Liebl nimmt sich nichts Geringeres vor, als die F+ erstmals umfassend zu beschreiben und in den Kontext anderer Beziehungen zu stellen.

In großen Teilen gelingt dieses Vorhaben gut. Es werden historische Entwicklungen aufgezeigt und Verbindungen hergestellt zu Paarbeziehungen, platonischen Freundschaften und reinen Sexbekanntschaften. Stellenweise nähert sich Liebl diesen Komplexen auf wissenschaftliche Weise, dann wiederum eher aus einer philosophischen Perspektive. Diese Sichtweisen ergänzen sich ganz gut, auch wenn es sich manchmal eher liest wie ein niedergeschriebener Train of Thoughts und weniger wie ein strukturiertes Sachbuch.

So verfehlen denn auch die Kapitel teilweise ihren Sinn, da vieles wiederholt wird oder nicht so recht zur Überschrift passen will. Die richtig guten und wichtigen Gedanken muss man dann eher zusammensuchen - aber sie sind überall in diesem Buch. Es geht letzten Endes auch viel weniger um den sexuellen Part einer F+, als vielmehr darum, wie wir Freundschaften und darin stattfindende Aktivitäten (ganz egal ob sexuell oder nicht) fassen können, und wie wir tiefe, wertschätzende Beziehungen auf allen Ebenen führen können.

Das Buch macht Mut, sich über Beziehungen jeglicher Art Gedanken zu machen und sich mit den eigenen Freundschaften intensiv auseinanderzusetzen - was macht sie aus, was wünsche ich mir von ihnen, was kann/will ich geben, was nehmen? Erfahrungsberichte wie in "Wie wir lieben" wären eine großartige Ergänzung gewesen - aber vielleicht kommt das ja in einer Fortführung des Projekts?