Abklatsch des "Trotzkopfs"

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mandel61118 Avatar

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Das Cover des Buches finde ich wunderschön und auch der Klappentext hat mich sofort sehr angesprochen.

In dem Roman geht es um die 16-jährige Nora, die auf Gut Rosenhagen aufwächst und von ihrem älteren Bruder erzogen wird. (Ihre Eltern treten leider nur sehr spärlich auf, was mir ein bisschen gefehlt hat.)
Bruder Henry beschließt, Nora ins Mädchenpensionat nach Lübeck zu schicken, wo sie sich rasch mit Lotte, Fanny und Agnes anfreundet.
Die neue Lehrerin Gesche, die durch ihre unkonventionelle Art bei der Pensionatsleiterin Frau Eggers aneckt, wird bald zur Vertrauten der Mädchen. Außerdem verliebt Gesche sich in Henry, obwohl die Beziehung der beiden nicht standesgemäß ist ... Noras Herz gehört Karl, einem jungen Angestellten von Gut Rosenhagen. Auch ihre Gefühle sind verboten.

Der Schreibstil des Buches ist angenehm und anschaulich, Personen und Orte werden ausführlich geschildert, so dass man sich gut ein Bild machen kann.

Was mich die ersten 100 Seiten des Romans allerdings sehr gestört hat, ist die extreme inhaltliche Nähe zu dem Klassiker "Der Trotzkopf".
Bereits der Prolog und das erste Kapitel scheinen geradewegs aus dem Kinderbuchklassiker entnommen. Auch charakterlich entspricht Protagonistin Nora 100% dem Trotzkopf Ilse, sie ist genauso ungestüm und unbedacht, ein Wildfang, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Weitere Szenen scheinen direkt aus dem Klassiker zu stammen, z.B die Prüfungssituation oder kleine Details, z.B die Art und Weise, wie Nora ihr Essen in sich hineinschlingt.
Auch die Personen ähneln denen des Klassikers. Da ist z.B. die junge Lehrerin mit traurigem Schicksal (Fräulein Güssow), oder das arme, liebe Waisenkind mit einem Stipendium (Nelly) ...

Nach den ersten 100 Zeiten ungefähr entwickelt das Buch allmählich ein eigenes Profil und entwickelt sich unabhängig von der Vorlage weiter.
Was ich die ganze Zeit allerdings nicht nachvollziehen konnte, war, welche Art die Anziehung zwischen Nora und Karl sein soll. Ich spürte hier nichts Besonderes zwischen den beiden, kein Knistern, keine Gefühle, die es glaubhaft gemacht hätten, dass die beiden sich lieben. Schade, das hat mir sehr gefehlt.

Alles in allem ein recht unterhaltsamer Roman, da er mir jedoch lediglich wie ein schaler Abklatsch des Trotzkopfes erschien, ging er nicht so recht an mich.