Der Bund der Frühlingstöchter

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Der Bund der Frühlingstöchter

„Wir, die Frühlingstöchter, schwören feierlich, dass wir einander beschützen werden. Wir werden uns beistehen wie Schwestern und einander niemals im Stich lassen, so wahr uns Gott helfe.“

Der Name „Frühlingstöchter“ symbolisiert gemäß Nora, Fanny, Agnes und Lotte die Jugend, den Neuanfang und die Lebenslust. Eine bunt zusammengewürfelte Gemeinschaft in einem exklusiven Pensionat für höhere Töchter der Gesellschaft manifestiert sich im hanseatischen Lübeck des Jahres 1899 zu einer Freundschaft, die weit über die Zeit im Pensionat hinaus bestehen soll. Die vier Mädchen absolvieren die Abschlussklasse und fühlen sich unbesiegbar. Die hübsche Lübecker Senatorentochter Charlotte Dabel entpuppt sich manchmal als überhebliches Biest, die theatralische Kaufmannstochter Agnes Kneseke leidet unter ihren vernarbten Wangen und die ruhige Franziska Grape verdankt als mittelloses Waisenmädchen den Schulbesuch einem Stipendium. Das Eintreffen der temperamentvollen Grafentochter Eleonore von Jagow stellt für die Leiterin des Pensionats nicht nur eine willkommene zusätzliche Einnahmenquelle, sondern vielmehr auch einen enormen Prestigegewinn dar. Doch für die freiheitsliebende Nora, die wilde Ausritte auf dem elterlichen Gut oder das Lenken einer Kutsche klassischen Beschäftigungen wie Handarbeiten, Klavierspielen oder höfliche Konversation in Teestunden vorzieht, stellt das Pensionat zunächst eine Strafe dar. Doch animiert durch die kluge und progressive Lehrerin Gesche Petersen freut sie sich bald schon darauf, ihren Horizont zu erweitern und sich Wissen anzueignen. Einzig die Tatsache, von ihrem Jugendfreund Karl getrennt zu sein, bereitet Nora großen Kummer…

Bereits mit dem ersten Band ihrer aus zwei Teilen bestehenden Buchreihe „Das Pensionat am Holstentor“ konnte Anna Perbandt mich voll und ganz überzeugen. Der überaus einnehmende Schreibstil, die gewählte Sprache sowie der mitreißende Plot haben es geschafft, mein Interesse an dieser Lektüre durchgehend aufrecht zu halten. Das Leben der vier Hauptfiguren im Pensionat, ihr Alltag und die Interaktion mit der Schulleiterin und den Lehrenden, aber auch die Sehnsüchte, Wünsche und Träume dieser vier jungen Mädchen waren überzeugend dargestellt. Die Autorin konzentrierte sich darüber hinaus auf die Grafenfamilie von Jagow und erlaubt dem Leser Einblicke in das Leben auf Gut Rosenhagen, dem geschwisterlichen Verhältnis zwischen Nora und ihrem Bruder Henry, einer chronisch kranken Mutter und dem permanent abwesenden Vater. Der junge Stallarbeiter Karl war stets Noras Spielgefährte und Vertrauter – aber allmählich wuchs diese innige Freundschaft zu einer großen gegenseitigen Anziehungskraft. Einer Liebe zwischen den beiden jungen Menschen stehen jedoch die gesellschaftlichen Konventionen im Weg.

„Warum können wir nicht lieben, wen wir wollen? Wird sich das jemals ändern? (Nora)
„Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe es sehr.“ (Gesche)

Der Autorin ist die Charakterzeichnung ihrer handelnden Figuren vortrefflich gelungen. Zwar konzentriert sie sich in erster Linie auf ihre Protagonisten, brachte darüber hinaus aber auch interessante und ebenso überzeugende Nebenfiguren in die Geschichte ein. Meine favorisierte Darstellerin war die hoch qualifizierte junge Lehrerin Gesche, die nach einem abenteuerlichen und aufregenden Leben an der Seite ihres Vaters eine Anstellung im Pensionat erhält. Ihre aufgeschlossene Art, ihr politisches Interesse, ihre mutige und unerschrockene Meinungsäußerung sowie ihr progressives Gedankengut stehen in starkem Kontrast zu den konservativen und teilweise sogar ignoranten Vorstellungen der anderen Lehrkräfte.

Die Geschichte dieser Freundschaft zwischen vier Zöglingen des Pensionats am Holstentor ist im Jahr 1899 in Lübeck angesiedelt. Die Autorin vermochte es auf vortreffliche Art und Weise, mir durch ihre Beschreibungen ein Bild des Umfelds, aber auch des Lebens in dieser Zeit vor Augen zu führen. Die „Frühlingstöchter“ zu lesen war für mich ein Eintauchen in frühere Zeiten und darüber hinaus ein sehr unterhaltsames Leseerlebnis, das ich in hohem Maße genossen habe. Ich freue mich bereits jetzt auf den Abschlussband dieser Reihe und brenne darauf zu erfahren, was das Schicksal für die Figuren dieses Buches noch alles bereithält.

Begeisterte fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung!