Starke Frauen, große Gefühle und eine Zeitreise!

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Da ich Lübeck als Stadt sehr liebe, hat mich das Holstentor auf dem Titelbild neugierig gemacht und ich muss sagen, dass mir das Cover mit dem natürlich matten Papiereinband und dem glänzend hervorgehobenen Titel sehr gefällt. Einzig die durchs Meer laufenden Mädchen passen in ihrem Tun nicht wirklich zum Inhalt, in ihrer Konstellation jedoch schon.

Denn die Geschichte handelt von 4 Mädchen – Grafentochter Nora, Kaufmannstochter Agnes, Senatorentochter Lotte und Stipendiatin Fanny – die sich 1899 im Pensionat am Holstentor kennen lernen und Freundinnen werden. Als „Frühlingstöchter“ schwören sie sich gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt und erleben, neben dem Alltag im Pensionat, der sie auf das gesellschaftliche Leben und die damit einhergehenden Erwartungen vorbereiten soll, zwischenmenschliche Abenteuer. Eine Verbündete und Vertraute finden sie in der jungen und unkonventionellen Lehrerin Gesche Petersen, die jedoch ebenfalls mit den Tücken der damaligen Zeit zu Kämpfen hat….

Mich haben die Beziehungen, Schicksale und gesellschaftlichen Voraussetzungen in dieser Geschichte sofort erreicht und berührt. Ich mag die Personen, die teilweise sehr charakterstark und individuell, teilweise an die damaligen Erwartungen angepasst gezeichnet werden und die dadurch eine spannende Dynamik in den Beziehungen verursachen. Sie wirken auf mich authentisch, wenn ich auch nicht in der Lage bin einzuschätzen, wie realistisch die Verhaltensweisen und Voraussetzungen wirklich dargestellt sind. Nichtdestotrotz bekomme ich als Leserin einen guten Einblick in die ganz andersartige Welt um 1900 und konnte, wie in einer Zeitmaschine, ganz in das Geschehen eintauchen, was mir sehr gefallen hat.

Immer wieder erschreckend finde ich dabei die Tatsache, dass, obwohl die Zeit der Geschichte „nur“ 120 Jahren zurück liegt, ein ganz anderes Bild der Gesellschaft und vor allem der Frau herrschte. Wie anders waren doch die Möglichkeiten, Voraussetzungen und Erwartungen und wie glücklich können wir uns heute schätzen, dass sich so viel geändert hat, wenn auch leider immer noch nicht überall von Gleichberechtigung gesprochen werden kann… Solche „Erkenntnisse“ schätze ich an historischen Romanen sehr!

Die sprachliche Ausdrucksweise der Autorin hat mir ebenfalls sehr zugesagt, denn der Text liest sich flüssig und sehr angenehm, ist gut strukturiert und ansprechend. Gefallen hat mir auch sehr, dass die Geschichte sowohl auf der Ebene der jungen Mädchen spielt und von deren Erfahrungen, Bedürfnissen und Sehnsüchten berichtet, als dass durch Gesche Petersen und Noras Familie aber auch Erwachsene ProtagonistInnen eine wichtige Rolle spielen und Einblicke gewähren.

Wissen sollten alle potentiellen LeserInnen vielleicht noch, dass es sich bei diesem Buch um den ersten Band einer Reihe handelt und die Geschichte quasi „mitten im Geschehen“ endet. Im Herbst wird dann der zweite Teil erscheinen, der sicherlich mehr über das weitere Leben der Roman-Personen verraten wird – ich freue mich schon sehr darauf!

Mich hat diese Geschichte in eine ganz andere Zeit mit ganz anderen Lebensentwürfen und –Voraussetzungen entführt und ich habe das sehr genossen! Mir hat das Buch eine tolle Lesezeit geschenkt und ich kann es allen LeserInnen empfehlen, die Lust auf starke Frauen-Geschichten, eine Zeitreise und große Gefühle haben!