Wer immer alles richtig macht, macht eben immer nur alles richtig. Nichts weiter

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Der Valentinstag ist der Tag der Verliebten. Als Steffen für diesen Abend Louisa in ihr Lieblingsrestaurant einlädt, kann das ja nur bedeuten, dass er ihr einen Heiratsantrag machen will. Schließlich sind beide schon lange zusammen und im richtigen Alter, nun eine Familie zu gründen. Leider sieht Steffen das nicht so, jedenfalls nicht mit Louisa gemeinsam. Louisa, deren Leben so unumstößlich geplant ist wie ein Bausparvertrag mit ebensolchen Sicherheiten, muss in ihrem 28-jährigen Leben zum ersten Mal improvisieren. Ihre Freundin Lea unterstützt sie bei der Suche nach einer neuen Bleibe, bei der Louisa das lebensfrohe Ehepaar Sophie und Paul kennenlernt. Es wird Zeit, die eigenen Prinzipien zu überdenken.

In ihrem zweiten Roman kreiert Jennifer Bentz eine lebensverändernde Situation für ihre Protagonistin. Louisa folgt seit ihrer Kindheit den strengen Regeln anderer. Sie hat diese Art zu leben so verinnerlicht, dass sie sich mit Spontanität nicht wohl fühlt. Sie mag keine Überraschungen und auch keine vergebene Mühen. Als Controllerin leistet sie auch in ihrem Job eine Menge. Dieses rationale Denken beschert ihr allerdings im Liebesleben keine aufregenden Stunden. Ihr Langzeitfreund Steffen erwartet das aber auch von ihr nicht. Ganz anders ist da ihre Freundin Lea, die extrem von ihren Gefühlen geleitet wird. Sie hat in dieser Geschichte eindeutig die Aufgabe, Louisas Werte zu hinterfragen. Das geschieht ganz automatisch und sogar wertfrei, wenn der Leser beide Positionen vergleicht.

Es wird nicht nur Louisas Leben beschrieben, sondern auch die Nebenfiguren bringen sich so ein, dass ein zweiter Blick lohnt. Da ist das Ehepaar Paul und Sophie, die seit 40 Jahren verheiratet sind, aber ihre Individualität nicht aus dem Auge verloren haben. Da sind die Freundinnen Lea und Tine, die zwar immer mit einem Rat zur Seite stehen, aber vielleicht auch selber gut einen gebrauchen könnten. Bei einem Frauenbuch darf dann natürlich auch nicht der attraktive Nachbar fehlen, der hier natürlich einen skurrilen Anstrich hat. Das alles toppt aber ein Papagei, der mit seiner obszönen Wortwahl über den Wäschekeller wacht.

Der Schreibstil ist für das eigentlich ernste Thema äußerst witzig. Immer wieder verleiten Ausdrücke wie „herzleere Leidenschaftslethargie“ dazu, beim Lesen innezuhalten und vor allem laut aufzulachen. Es werden Situationen beschrieben, die fast abstrus wirken. Ein zweites Zeitungsabo für exakt dieselbe Tageszeitung oder eine Versicherung für etwas, was man gar nicht besitzt, sind da noch das am leichtesten Hinnehmbare. Zu den chaotisch überzeichneten Charakteren passt der Lebensstil aber perfekt, sodass die Handlung selbst bei der Überschreitung von Gesetzen immer nachvollziehbar bleibt. Das ist auch das große Plus an diesem Frauenroman, dass trotz aller Überspitzung eben die Plausibilität nicht leidet. Alles zusammen ergibt eine spaßige Mischung, die viel zu schnell ausgelesen war. Ich warte auf Nachschub, der bei dem Ende des Romans auch durchaus vorstellbar ist.