Eingeschränkt empfehlenswert

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kräuterhexe87 Avatar

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Das Buch enthält einen großen Theorieteil und vergleichsweise wenige Seiten mit praktischen Tipps. Den Theorieteil fand ich lehrreich und konnte noch einige neue Erkenntnisse gewinnen. Sehr gut und wichtig fand ich zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Frustrationstoleranz, Impulskontrolle und Belohnungsaufschub. Das wird in dem Buch meiner Ansicht nach super erklärt. Auch der Anteil, den der Mensch mit seiner eigenen Frustrationstoleranz am Training hat, wird hervorgehoben. Dadurch habe ich gleich noch etwas über mich selbst gelernt.

Es gab jedoch einiges in dem Buch, das mich irritiert hat. Zum Beispiel die Einstellung der Autorin zum Yoga: „Dehnungen können sehr schmerzhaft sein und sie still zu ertragen und zu halten ist eine perfekte Übung für die Selbstkontrolle.“ (S. 109) Schmerzen sind aus meiner Sicht ein Alarmzeichen und nichts, das man tapfer ertragen lernen muss. Es wird auch empfohlen, zur Förderung der eigenen Selbstkontrolle mal mit einem Stein im Schuh herumzulaufen, bewusst leicht zu frieren und ohne Abendessen ins Bett zu gehen. Diese Grundeinstellung von „da muss er durch“ zieht sich durch das ganze Buch. Natürlich finde ich es wichtig, dass ein Hund lernt, sich zurückzunehmen und in bestimmten Situationen die Erwartungshaltung abzulegen und sich zu entspannen. Aber schon die erste Testübung, die man mit seinem Hund machen soll, um dessen Umgang mit Frust herauszufinden, erscheint mir kontraproduktiv. Ich sehe keinen Sinn darin, den Hund einer solchen, sehr spezifischen Situation auszusetzen und einfach mal zu schauen, wie sehr er sich hochschaukelt. Aus meiner Sicht kann das arg nach hinten losgehen – wie auch einige andere Übungen in diesem Buch. Zwar wird gelegentlich erwähnt, dass die Begleitung durch einen Trainer notwendig sein kann, aber gleichzeitig wird viel zu oft der Eindruck vermittelt, dass man einfach nur die Übungen machen und dranbleiben muss, um Erfolg zu haben.

Generell ist das Buch sehr auf Hunde ausgerichtet, die von Welpenalter an in ihrer Familie leben. Für erwachsene Hunde aus dem Auslandstierschutz ist es weniger geeignet. Die Autorin schreibt selbst, dass man einem Hund, der nie gelernt hat, sich zu regulieren, wahrscheinlich keine echte Frustrationstoleranz mehr beibringen kann, sondern nur noch Impulskontrolle.

Ein letzter Kritikpunkt bezieht sich auf die vielen Bilder. Das Buch hätte wesentlich weniger Seiten, wenn man es nicht mit großformatigen, nichtssagenden Fotos aufgefüllt hätte. Zum Beispiel beim Thema „Wie sich eine Kastration auswirkt“: Die halbe Seite wird von der Rückansicht eines Hundes ausgefüllt. Aha.

Fazit: Interessante Theorie, Praxisteil mit Vorsicht zu genießen, viel Buch und viel Geld für wenig Inhalt.