Rätselhafte & poetische Variationen

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bobbi Avatar

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In fünf Episoden führt der Roman durch die bisexuellen Lieben von Paul - der wie besessen von der großen Liebe und dem Wegrennen vor der Zeit von einer Beziehung in die nächste springt und sich dabei selbst und die Liebe in verschiedenen Variationen immer wieder neu entdeckt.

Die Geschichten sind nur lose miteinander verbunden, wechseln in der Zeit und sind insgesamt etwas rätselhaft und verschwommen - aber wunderschön und poetisch in Worte und Metaphern gefasst. Jeder Abschnitt erzählt eine andere Fixierung Pauls und lässt mit subtilen Emotionen und Gedanken tief in das menschliche Wesen blicken. Denn Vieles spielt sich nur in Pauls Kopf ab.

Der längste und bedeutendste Abschnitt ist der erste - dieser erinnert auch gleich an "Call Me By Your Name", denn der junge Paul kehrt nach zehn Jahren zurück auf seine italienische Heimatinsel San Giustiniano und damit in Erinnerung zurück an seine erste große Liebe in Gedanken, dem Tischler Nanni.

Fast mediativ folgt der Leser dann den kommenden Beziehungen Pauls - Maud, Manfred, und Chloé - und den Vorstellungen von triebhafter, romantischer und verlässlicher Liebe. Das ist hier und da zäh im Erzählfluss und Paul ist nicht wirklich greifbar in seinem Beziehungswechseln. Und auch die Liebe bleibt für ihn irgendwie unerreichbar - nie ganz erfüllt, viele Hätteseinkönnen und Kopfgeburten. "Bedauern heißt, dass wir uns auf etwas freuen, das wir längst verloren und eigentlich nie besessen haben. (...) Und dazwischen treibe die Zeit ihr Spiel mit uns."

Trotzdem ist André Acimans sinnliche Darstellung von der Umgebung, verstrichener Zeit, vom rastlosen Suchen, Bedauern, Schmerz und Sichwiederfinden wunderbar, sehr intelligent und zutiefst menschlich - auch wenn Pauls Geschichte irgendwie unvollendet scheint. Seine offene sexuelle Orientierung ist sehr aktuell und sein Charakter verändert die Melodie mit jeder Liebe.
Bekannt wurde der Autor duch sein Debüt "Call Me By Your Name", das erfolgreich verfilmt wurde.