Sinnlich. Sehnsüchtig. Sanft.

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meerbuecher Avatar

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„Fünf Lieben lang“ begeistert mich alleine schon vom Titel her und genau darum geht es auch, denn in fünf Kapiteln erleben wir die fünf Lieben des Protagonisten Paul. Jedes Kapitel widmet sich einer anderen Liebe - Frauen und Männern -, dennoch sind sie alle ineinander verwoben.
1️⃣ Die Geschichte beginnt in Italien, genauer gesagt in San Giustiniano, wo Paul als Jugendlicher das erste Mal der Liebe begegnet. Er wird überwältigt, macht sich Hoffnung, handelt naiv, verliert sich beinahe in der Idealisierung seines Auserwählten Giovanni...und wird enttäuscht.
2️⃣ Ab dem zweiten Kapitel befinden wir uns in New York. Paul liebt Maud. Aber sie geht fremd? Oder? Und liebt er sie eigentlich wirklich? Oder gibt es auch für ihn schon längst jemand anderen? Es geht um Verbundenheit, Misstrauen und die Erkenntnis, dass nicht alles so ist wie es scheint.
3️⃣ Dieses Kapitel ist der scheinbar unerfüllten Liebe Pauls gewidmet. Der Liebe, die uns immer kalt erwischt und die nicht jeder sofort erkennt und der Suche nach ihrer puren Form. Es geht um Reue und verpasste Chancen und das Finden der eigenen Seele als Spiegelbild im anderen.
4️⃣ Dieses Kapitel ist geprägt von Untreue, von körperlicher und emotionaler Nähe, von der Angst vor dem Tod, die den Wunsch weckt zu leben als gäbe es kein Morgen und der Einsicht, dass eine Liebe nicht immer auch die einzig wahre ist.
5️⃣ Im letzten Kapitel geht es besonders um die emotionale Untreue. Paul verguckt sich in eine viel zu junge Frau. Sie nähern sich an und stoßen sich ab und nähern sich wieder an und am Ende erkennt Paul, dass Liebeskummer und Liebe sich gar nicht unähnlich sind, denn beides vergeht. •

Sprachlich ist dieses Buch für mich eine absolute 5+/5 ⭐️ und ich werde auf jeden Fall „Call me by your name“ lesen, denn dies war mein erster Roman von André Aciman. Seine Formulierungen haben einen regelrechten Sog entwickelt und ich konnte das Buch kaum zur Seite legen.
Mein Abzug begründet sich darin, dass ich manche Handlungen und Gedanken/Vorstellungen ein bisschen merkwürdig fand und dass er mir als Protagonist allgemein nicht gerade sympathisch war. Besonders die Untreue ist mir sauer aufgestoßen. Paul scheint immer wieder auf der Suche nach einem Spiegel seiner selbst zu sein, denn wiederholt kommen bei unterschiedlichen Personen Gedanken auf wie: „Er/Sie denkt/fühlt/ist wie ich“ und kann sich dann aber doch nicht zu hundert Prozent auf die Person einlassen. Hier könnte man vielleicht interpretieren, dass dies ein Symbol für eine Unzufriedenheit mit sich selbst sein könnte, aber da möchte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da mein persönliches Verständnis für Untreue relativ gering ist. •

Alles in allem war das Buch ein Genuss. Sinnlich. Sehnsüchtig. Sanft. Am Ende war ich sogar überrascht. Ich gebe 4/5 ⭐️