Zurück ins Leben

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elke seifried Avatar

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Eine mit Bravour gemeisterte Ausbildung zur Schauspielerin in der Tasche hießt noch lange keine lukrativen Engagements zu haben und so finanziert Heidi ihr Dasein im Moment mit einem Job als Kellnerin. Als Single ist sie nach Feierabend auch nicht abgeneigt mit den Kollegen noch um die Häuser zu ziehen und das eine oder andere Gläschen zu kippen. Aber egal wie gut wie tief sie ins Glas geschaut hat und wie kurz die Nacht war, die morgendliche Joggingrunde gehört zu ihrer Routine, bis … ja bis sie der harte Schicksalsschlag ereilt.

Als Leser bzw. Hörer erwacht man nachdem es bei der Joggingrunde plötzlich zappenduster wurde mit Heidi auf der Intensivstation, bekommt am Rande mit, dass um ihr Leben gekämpft wird und muss sich mit ihr wenig später der schmerzlichen Erkenntnis stellen, dass die starken Schmerzen im Bein Phantomschmerzen sind, denn nur noch ein Bein liegt mit ihr im Bett. Man liegt mit ihr im Krankenhaus, bekommt Besuch der gut tut und auch solchen, der besser nicht gekommen wäre und darf dann mit ihr für sechs Wochen in eine Rehaklinik umziehen. Dort bekommt sie nicht nur anstrengende Physiotherapie und eine Prothese verpasst, auch Psychotherapie ist im Angebot. Ihre Erfahrungen damit und ihre kleinen Schritte ins Leben zurück erlebt man live mit. Den meisten Rückenwind dazu bekommt sie allerdings von ihrer Zimmernachbarin Maud. Die lebenslustige alte Dame ist ihr nicht nur Stütze, sondern sie hat auch einen Enkel, der Heidi nicht nur den Floh eines Fünf-Punkte-Planes zum Glück ins Ohr setzt, sondern sie bei dessen Umsetzung auch antreibt und unterstützt, oder ist da am Ende sogar noch mehr?

Ella Dove verlor mit 25 Jahren selbst durch einen Unfall ihr Bein, sie hat am eigenen Körper gespürt von was sie schreibt und macht es für den Leser bzw. Hörer erlebbar. Die Autorin weiß genau, wo man in welcher Situation besonders empfindlich ist, welches Verhalten der Gegenüber besonders schmerzt und wovor man Angst hat, welche Hürden einem der Alltag stellt und wie ignorant die Mitmenschen oft sind. In all das bekommt man hier auf emotionale Art und Weise Einblick und das kann nicht kalt lassen. Ich habe oft mit Heidi gelitten, habe für sie gehofft und habe mich auch mit ihr gefreut. Auf ihre emotionale Schilderung der körperlichen Einschränkungen und wie Heidi damit umgeht und fertig wird, packt sie noch eine kleine Romanze, die weder kitschig noch vorhersehbar ist, was mir gut gefallen hat, obwohl ich eigentlich nicht der typische Liebesgeschichten Leser und Hörer bin.

Die Charaktere sind allesamt gelungen gezeichnet, die meisten davon auch äußerst liebenswert. Habe ich mit Heidi die Geschichte erlebt, habe ich Maude besonders in mein Herz geschlossen. Sehr gerührt hat mich, wie Heidis Vater leidet und toll fand ich Daggie, ihren WG Mitbewohner, der mehr als ein guter Freund ist. Auch Jack, Maudes Enkel, hatte meine Sympathien recht schnell gewonnen. Länger brauchte dafür Heidis Schwester, in der ich mich wohl getäuscht habe. Einer der mir negativ aufgefallen ist, ist Ben, ihr Arbeitskollege aus der Bar, der nicht nur oberflächlich ist, sondern auch noch mehr als verletzend sein kann.

Ich höre viele Hörbücher und ich muss ehrlich sagen, dass ich anfangs dachte, hm ich weiß nicht, ob mir die Stimme von Nadja Julia Nachtmann so richtig gut gefällt. Ob sie mir liegt, was für mich auch immer sehr entscheidend für den Hörgenuss ist. Aber die Sprecherin des vorher beendeten hat mich total begeistert, hat sie mir doch als Autorin selbst, die zudem eine begnadete Sprecherin ist, einen höchst emotionalen Vortrag geboten. Frau Nachtmann hatte es also äußerst schwer. Aber erst einmal an ihre Stimme gewöhnt, konnte sie mich mit ihrem empathischen Vortrag und mit den gelungen in Szene gesetzten, verschiedenen Stimmlagen für alle Mitspieler doch überzeugen. Es gelingt ihr gut die Atmosphäre der Geschichte zu transportieren.

Alles ein Hörbuch dem ich gerne gelauscht habe, das mich bewegt und zunehmend auch immer mehr gefesselt hat, nicht zuletzt, weil es auch einige Überraschungen parat hatte. Ein gelungene Mischung die auf jeden Fall noch fünf Sterne verdient.