Vom Großstadtzombi zur selbstbestimmten glücklichen Frau.

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Annika ist 32, Referentin in einem größeren Pharmaunternehmen, und ein Großstadtzombi. Sie kann sich nicht erklären, warum sie das tut, was sie jeden Tag in ihrem Job tut, und ob ihre Tätigkeit, wie ihr ganzes Leben, einen Sinn hat. Sie wurde so erzogen, dass sie wie eine gut geölte Maschine funktionieren soll. Karrieremachen, Härte zeigen, sich in der krassen Geschäftswelt tagein tagaus behaupten, nach oben buckeln, nach unten treten, sonst…
Im Urlaub in den Dolomiten hat die junge Frau Zeit und Lust, über sich und ihr Leben nachzudenken. Über sich sagt sie: „Ich hatte nie eigene Träume, eigene Leidenschaften, etwas, das nur ich selbst wollte. Eigentlich waren es stets die Ziele anderer, für die ich mich ins Zeug gelegt habe.“ S 90.
Da sie nicht allein im Hotel sitzen mag, bucht sie sich einen Bergführer. Samuel ist in jeder Hinsicht anders als sie und die Männer, die sie je kennengelernt hat. Er sieht die Welt anders: er nimmt sie mit allen Sinnen wahr, und er lebt seinen Traum, obwohl es gar nicht so einfach ist, wie es erst zu sein scheint.
Mit jeder der Touren, die Annika zusammen mit Samuel und seiner Schwester macht, öffnet sich ihr eine andere Sicht der Dinge. Samuels Schwester, die Musik studiert, sagt so etwas wie: Die Berge singen. Die Welt funktioniert nicht, sie schwingt. Für Annika ist diese Sicht erstmal etwas ganz Neues, aber sie lernt schnell. Und versteht bald, dass sie etwas ändern muss, um nicht wie ihre Eltern zu enden.
Im Wesentlichen gibt es drei Themen in diesem Roman: Identitätskrise/Selbstfindung, Umgang mit der Krebserkrankung der Mutter und, wie denn ohne in einem Frauenroman, die Liebe samt der Partnerschaft und Familie.
Die Geschichte wurde aus Annikas Perspektive in der Gegenwartsform erzählt. Das passt ganz gut. Man hat den Eindruck, die Handlung spiele sich vor dem inneren Auge just im Moment des Lesens ab.
Die Handlung ist recht einfach gestrickt, so etwas in der Art gab es schon auch in anderen Romanen dieses Genres. Es gibt wenig Personal, dafür sind die Figuren aber gut ausgebaut. Der Kritikpunkt hier: Annika verändert sich, was an sich gut ist, aber! Dafür, dass sie keinen Schimmer von ihrer eigenen Persönlichkeit hatte, wie sie selbst sagt, geschieht es schon sehr schnell und recht unkompliziert. Innerhalb von nicht mal drei Wochen ist sie praktisch ein anderer Mensch, weiß, was sie will und handelt entsprechend. Das kann ich nicht ohne Weiteres abnehmen. Auch, dass sie nie ihre eigenen Träume hatte, sehe Zitat oben. Samuel ist schon wie ein Prinz auf dem weißen Schimmel in schimmernder Rüstung. Mr. Right aus dem Bilderbuch höchstpersönlich. Aber gut. Sei es drum. Viele Frauen lesen solche Romane, um derartige Männerfiguren dort treffen zu können.
Dazu gibt es: Ausgeprägte Urlaubsatmosphäre, eine romantische Lovestory vor schönen Bildern des Sommers in den Dolomiten samt den ganz gut gewordenen Liebesszenen. Hier und dort Feinkostessen und Trinken, nette Nebenfiguren.
Der Schreibstil ist angenehm, ungezwungen. Es gibt viele Dialoge. U.a. deshalb liest sich der Roman leicht und schnell. Man kann ihn an einem Sonntagnachmittag locker durchhaben.

Fazit: Ein netter Frauenroman mit einer schönen Liebesgeschichte vor Kulisse der sommerlichen Dolomiten, der zudem das Thema der Selbstwerdung behandelt. Ich vergebe vier Sterne und eine Empfehlung für Leserinnen der Liebesromane.