Zwischen Himmel und Erde

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alphafrau Avatar

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Du kannst dir nicht aussuchen, wie du stirbst. Oder wann. Du kannst nur entscheiden, wie du lebst. Jetzt. (Joan Baez)


Dieses Zitat von Joan Baez möchte ich meiner Rezension voranstellen, weil es meiner Ansicht nach die Botschaft des Buches "Für immer ist die längste Zeit" von Abby Fabiaschi gut zusammenfasst. Im Mittelpunkt steht Maddey. Sie ist tot. Vom Dach der Bibliothek gestürzt. Sie landet jedoch nicht im friedvollen Himmel, sondern blickt aus kurzer Höhe auf ihre Familie - ihre pubertierende Tochter Eve und den emotional unaufgeräumten Ehemann Brady - herab. Ohne Maddy sind sie schon in einfachen Dingen der Alltagsorganisation überfordert. Jetzt drohen sie an der Frage nach dem Warum zu zerbrechen. Maddy muss etwas tun. Doch ihre Möglichkeiten der Einflussnahme aus dem Jenseits sind begrenzt - sie ist ja auch neu hier.

Auf den ersten Blick führt das Cover des Romans in die Irre. Das Cover vermittelt eine positive Grundstimmung. Durch die zarten Farben wirkt es leicht, fröhlich, frühlingsfrisch und unbeschwert. Man könnte von einem heiteren Roman ausgehen. Trotzdem finden sich Symbole, die auf einen ernsten Hintergrund des Buches schließen lassen. In der christlichen Kunst ist der Schmetterling ein Zeichen des unvergänglichen Lebens und der Unsterblichkeit. Die Pusteblume ist ein Symbol des Loslassens, aber auch des Neubeginns. Insoweit ist die Thematik des Buches sehr ansprechend eingefangen und umgesetzt worden.

Der Titel "Für immer ist die längste Zeit" ist gut gewählt, auch wenn das englische Original "I loved my life" noch etwas aussagekräftiger ist.

Als ich mich auf die Lektüre dieses Buches eingelassen habe, wusste ich nicht, was mich erwarten wird. Die Themen "Tod" und "Selbstmord" sind sehr sensibel, und man sollte sie mit viel Fingerspitzengefühl behandeln. Der Roman "Für immer ist die längste Zeit" hat mich in einem positiven Sinne überrascht. Denn es beeindruckt durch seine inhaltliche Tiefe.

Das Geschehen wird aus der Perspektive von Maddy, Brady und Eve geschildert, die ihr Leben bis zu dem unerwarteten Tod von Maddy als eine typische gut situierte Familie in einer amerikanischen Kleinstadt verbracht haben. Finanzielle Sorgen haben sie nicht gekannt; familiäre Probleme sind unter den Tisch gekehrt oder in Alkohol ertränkt worden, damit die perfekte Fassade einer heilen Familie keinen unschönen Riss bekommt.

Nach dem Tod von Maddy wird das Leben von Brady und Eve auf den Kopf gestellt. Ein egoistischer Teenager und ein auf seinen Job fixierter Geschäftsmann müssen sich den vergangenen Ereignissen stellen, ihre familiären und anderen Beziehungen kritisch hinterfragen und sich mit dem schweren Thema (Mit-) Schuld auseinandersetzen. Im Laufe des Geschehens vollziehen die Protagonisten eine positive Veränderung; sie lernen miteinander respekt- und verständnisvoll umzugehen und werden zu reifen, zuverlässigen Menschen, die ihre Gefühle nicht mehr verstecken und ihre Mitmenschen zu schätzen wissen.

Abby Fabiaschi ist ein emotional tief berührender Roman gelungen, der zum Nachdenken über die eigenen (familiären) Beziehungen anregt. Aus diesem Grunde habe ich mich entschlossen, heute die Höchstpunktzahl von 5 Sternen zu vergeben. Dieses Buch ist wirklich lesenswert!